Gesundheit, Globalisierung, Klimawandel: Welche Bedeutung haben Megatrends?

Shownotes

Übersicht:

0:11 Willkommen 0:41 Thema: Megatrends 2:11 Definition Megatrend 4:19 Kriterien für Megatrends 7:40 Globale Bedeutung der Megatrends 9:23 Überblick über aktuelle Megatrends 10:27 Megatrend Gesundheit 16:01 Longevity als potentieller Megatrend 23:26 Megatrend Klimawandel 26:14 Megatrend Globalisierung 32:46 KI als potentieller Megatrend 38:19 Abschluss

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Stella: Schön, dass ihr wieder eingeschaltet habt. Trends, die begegnen uns ja immer wieder.

Stella: Zum Beispiel jüngst in Form von diesen kleinen, plüschigen Schlüsselanhängern.

Stella: Falls ihr die kennt, das sind allerdings eher diese Modeerscheinungen.

Stella: Und es gibt aber auch Trends, die uns wirklich langfristig begleiten.

Stella: Und das sind die sogenannten Megatrends.

Stella: Und genau darüber möchte ich heute mit der Zukunftsforscherin Anja Kirig sprechen.

Stella: Sie forscht seit Jahren zu Megatrends und zu soziokulturellen Trends.

Stella: Hi Anja, schön, dass du bei uns bist.

Anja: Hallo Stella, vielen Dank für die Einladung.

Stella: Und ich muss mich natürlich auch noch einmal kurz vorstellen.

Stella: Ich bin Stella-Sophie Wojtczak, Host von t3n Interview.

Stella: Und Anja, ich würde sagen, wir legen direkt los. Vielleicht einmal zur Einordnung,

Stella: bevor wir zu den Megatrends kommen.

Stella: Wie genau entstehen eigentlich generell Trends?

Anja: Das lässt sich so ganz eindimensional nicht beantworten. Also es braucht schon

Anja: irgendwie verschiedene Stellschrauben, um sozusagen dann auch ein,

Anja: dass aus einem schwachen Signal oder aus einem Rauschen wirklich auch ein Trend wird.

Anja: Das sind zum einen natürlich dann irgendwie Innovationen, die vielleicht so

Anja: von Early Adapters aufgegriffen werden. Aber das funktioniert dann tatsächlich

Anja: auch nur, wenn bestimmte gesellschaftliche Situationen vorhanden sind.

Anja: Also das heißt zum Beispiel über Wertewandel oder überhaupt auch über sozialen

Anja: und demografischen Wandel.

Anja: Vielleicht ist es aber auch noch ein zusätzlicher ökonomischer Anreiz.

Anja: Es braucht also sozusagen einen gewissen Nährboden, das aus etwas ein Trend

Anja: wird. Und natürlich auch, wir haben es heute mit Medien, die überall und ständig

Anja: uns erreichen und wo wir partizipieren können.

Anja: Das heißt, das sind natürlich auch nochmal Verstärker, die Trends,

Anja: die sozusagen aus einem Nicht-Trend einen Trend machen.

Stella: Jetzt habe ich ja eingangs einmal diese plüschigen Schlüsselanhänger angesprochen,

Stella: die Labubus, die dieses Jahr 2025 sehr beliebt gewesen sind,

Stella: unter anderem auf Social Media.

Stella: Aber wir wollen ja heute über Megatrends sprechen und ich weiß,

Stella: da geht es ganz sicher nicht um Labubus oder sonstige Modeerscheinungen,

Stella: die ja immer wieder kommen.

Stella: Kannst du vielleicht einmal erklären, wie unterscheidet sich denn jetzt ein

Stella: Trend zu einem Megatrend?

Anja: Genau, also generell muss man natürlich sagen, dass es jeweils auf die Definition

Anja: ankommt. Also es gibt sozusagen nicht die eine Definition für einen Trend und für einen Megatrend.

Anja: Das heißt, man sollte, bevor man über Megatrends und auch Trends spricht,

Anja: immer sich darauf einigen, was verstehen wir überhaupt darunter oder was ist das für einen.

Anja: Und der Begriff Megatrends ist tatsächlich auch noch jetzt gar nicht so alt.

Anja: Also im Verhältnis gesehen, er wurde Anfang der 80er von John Naisbitt geschaffen und kreiert.

Anja: Das heißt, er hat diesen Terminus Megatrend geprägt.

Anja: Und die Idee dahinter ist, dass es tatsächlich eine Entwicklung,

Anja: ein Phänomen ist oder mehrere Phänomene, die eine gewisse Langfristigkeit in

Anja: unserer Gesellschaft haben, die Wirtschaft, Politik, Kultur, Alltag alles prägen.

Anja: Technologien prägen, also die quasi für uns in allen Alltagsbereichen spürbar

Anja: sind und die Gesellschaft wirklich global eben auch beschäftigen und verändern.

Anja: Und das ist so der Megatrendbegriff, der meistens eigentlich im Grunde genommen

Anja: auch oder die Definition, die verwendet wird, wenn wir von Megatrends sprechen,

Anja: also tatsächlich einen langfristigen Horizont zu haben,

Anja: also eine Halbwertszeit, man kann so sagen, von vielleicht 50 Jahren und die

Anja: wirklich auch systemisch wirkt, also in allen Bereichen unseres Lebens und vor

Anja: allem dann halt tatsächlich auch Gesellschaft verändert in ihrem Sein und dadurch eben auch neue,

Anja: andere Trends und Bedürfnisse kreiert.

Anja: Also Megatrends, kann man so sagen, sind so ein bisschen der Überbau der darunter

Anja: zu definierenden Trends.

Stella: Dann würde ich doch sagen, du hast gerade gesagt, man muss sich immer darauf

Stella: einigen, was man dann als Trend sieht, was man als Megatrend definiert.

Stella: Die Definition, die du gerade angeführt hast, würde ich auch einfach für diesen

Stella: Podcast nutzen, dass das ist, was wir hier jetzt als Megatrend eben definieren.

Stella: Du hattest ja eben auch schon verschiedene Kriterien angesprochen,

Stella: beispielsweise Langfristigkeit von über 50 Jahren, wo so ein Megatrend eben

Stella: wirken soll, auch in verschiedenen Bereichen.

Stella: Gibt es da noch mehr von diesen Kriterien, die einen Megatrend quasi beschreiben?

Anja: Genau, also die Langfristigkeit ist sicherlich eins der Kriterien.

Anja: Dann arbeite ich damit, also eigentlich mit vier verschiedenen Merkmalen.

Anja: Also neben der Langfristigkeit ist es die globale Wirkkraft.

Anja: Es ist aber auch sozusagen diese Vielschichtigkeit, dass sie wirklich alle Bereiche

Anja: unseres Alltags verändert.

Anja: Und dann auch sozusagen die Komplexität. Also das heißt, Megatrends führen dazu,

Anja: dass sie wirklich auch einen hohen Komplexitätsgrad in unserer Gesellschaft verursachen.

Anja: Und gleichzeitig bedeutet das aber auch, dass sie miteinander wirken.

Anja: Also wir haben ja nie nur einen Megatrend, sondern auch mehrere,

Anja: die gleichzeitig wirken und die auch miteinander verschränkt sind.

Anja: Also das kann man sagen, das ist es.

Anja: Und was vielleicht noch ein weiteres Phänomen ist und was vielleicht auch von

Anja: anderen Trends ein wenig sie unterscheidet, ist, dass sie schon in einer gewissen

Anja: Weise auch prognostizierbar sind.

Anja: Also natürlich haben wir dann auch sozusagen technologische Disruptionen,

Anja: Disruptionen, die dann unter Umständen auch die Megatrends immer wieder verändern

Anja: oder auch gesellschaftlich, also sie wirken, sie verändern sich in ihrer Langfristigkeit schon auch,

Anja: aber trotzdem, also wenn wir jetzt zum Beispiel den Megatrend des demografischen

Anja: Wandels nehmen, da können wir tatsächlich auch mit Zahlen hantieren und sagen, okay,

Anja: der demografische Wandel hat quantitativ diese Auswirkung.

Anja: Also Megatrends, sie haben sowohl einen qualitativen, einen empirischen Charakter,

Anja: aber auch einen quantitativen.

Stella: Jetzt muss ich mich aber doch einmal fragen, wenn wir über Megatrends sprechen,

Stella: warum sind die eigentlich relevant?

Stella: Also warum brauche ich denn diese Megatrends?

Anja: Ja, tatsächlich, also die Megatrends erklären einfach unglaublich viel in unserer Gesellschaft.

Anja: Die sind so ein bisschen wie so ein Schlüssel oder so eine, ja,

Anja: wie ein Schlüssel, der sozusagen uns erklärt, warum wir gerade auch einen großen Wandel spüren.

Anja: Also das heißt, sie zu kennen, damit kann man zum einen Prognosen erstellen,

Anja: wie ich gerade sagte, indem wir zum Beispiel auch quantifizieren,

Anja: wie hat sich vielleicht der demografische Wandel, wie entwickelt sich,

Anja: wie können wir auch vielleicht Urbanisierung in den nächsten Jahren vorhersagen, prognostizieren.

Anja: Das sind so Dinge, mit denen man dann tatsächlich auch ganz gut arbeiten kann,

Anja: weil wir natürlich auch als Gesellschaft, als Organisation etwas benötigen,

Anja: mit dem wir sozusagen auch planen können.

Anja: Und das ist so der eine Punkt. Und der andere ist natürlich auch,

Anja: dass es für uns selber ein Verständnis gibt, warum manche Dinge einfach gerade

Anja: passieren. Also das heißt, auch das ist natürlich eine, es gibt uns eine Erklärung,

Anja: was tatsächlich nicht in der Zukunft passiert, sondern was im Jetzt passiert.

Anja: Und das finde ich tatsächlich manchmal noch fast spannender,

Anja: weil diese Megatrends, wenn wir sie uns anschauen, sind sie ja als solches nicht

Anja: unbedingt gerade jetzt so Phänomene, von denen man denkt, ach,

Anja: damit hätte ich jetzt aber nicht gerechnet.

Anja: Also über Individualisierung, demografischen Wandel, Urbanisierung,

Anja: Globalisierung, das sind so Themen, über die sprechen wir eigentlich tagtäglich,

Anja: wo man sagen könnte, ist das denn überhaupt ein Trend,

Anja: das ist doch irgendwie was, was uns tagtäglich beschäftigt, aber tatsächlich

Anja: ist es etwas, was uns nicht nur tagtäglich irgendwie vielleicht als Begriffe über den Weg läuft,

Anja: Sondern uns natürlich auch verändert, nicht erst in der Zukunft,

Anja: sondern im Hier und Jetzt.

Anja: Und damit entscheiden wir auch, wie tatsächlich auch die Zukunft ist.

Anja: Und das ist so ein bisschen auch tatsächlich dann der interessante Baustein, um Zukunft zu planen.

Anja: Also wenn wir Megatrends kennen, können wir uns auf die Zukunft einstellen und

Anja: können sie natürlich nicht nur prognostizieren nach dem Motto,

Anja: wie wird es denn vielleicht 2035 sein, sondern tatsächlich auch,

Anja: wie kann ich vielleicht diesen Weg bis 2035 mitgestalten.

Stella: Du hast gerade schon ein paar Megatrends, die es aktuell gibt,

Stella: angesprochen. Da kommen wir auch gleich zu.

Stella: Aber vorab noch eine Frage. Du hattest ja auch gesagt, diese Megatrends haben

Stella: eine globale Gültigkeit.

Stella: Bedeutet das denn, dass quasi beispielsweise, wenn du dich mit internationalen

Stella: KollegInnen austauscht, dass die ähnliche Megatrends sehen, die gleichen Megatrends?

Stella: Oder unterscheidet sich das auch beispielsweise nach Kontinenten?

Anja: Meistens unterscheidet es sich eher nach der Methodik, mit der man arbeitet.

Anja: Also tatsächlich gibt es da auch wirklich nicht die eine Schule,

Anja: sondern unterschiedliche Schulen und unterschiedliche,

Anja: es ist in Soziologien und in Soziologie ist es halt meistens so in Sozialwissenschaften,

Anja: dass es unterschiedliche Schulen gibt, die dann auch unterschiedliche Megatrends

Anja: quasi beschreiben oder definieren.

Anja: Das heißt, das ist meistens sehr gut, aber eigentlich ist man sich so ziemlich

Anja: einig, was so die großen Entwicklungen sind und die sind tatsächlich dann auch global wirksam.

Anja: Also ich nehme nur als Beispiel das Thema der Individualisierung.

Anja: Das ist wirklich ein Megatrend, der uns global beschäftigt, auch wenn wir manchmal

Anja: den Eindruck haben, das ist vielleicht ein westliches Phänomen.

Anja: Es ist es nicht. Also Individualisierung ist tatsächlich etwas,

Anja: was uns alle vielleicht manchmal in unterschiedlicher Ausprägung,

Anja: aber doch irgendwie global betrifft.

Anja: Und das ist vielleicht dann eher so die Relevanz, dass wir sagen können,

Anja: okay, Globalisierung, Individualisierung, demografischer Wandel sind Trends,

Anja: sind Megatrends, die uns überall auch begegnen.

Anja: Das heißt, auch im internationalen Austausch kann man sich darauf einigen,

Anja: dass diese Megatrends sind.

Anja: Aber wie sie dann tatsächlich manchmal in der Ausprägung sind und wie sie auf

Anja: die Gesellschaft wirken, also welche soziokulturellen Veränderungen sie bewirken,

Anja: das kann dann tatsächlich vom kulturellen Raum und auch von der Lokalität unterschiedlich sein.

Stella: Dann lass uns doch jetzt einmal auf diese Megatrends schauen.

Stella: Du hast ja eben gerade schon von der Individualisierung gesprochen,

Stella: auch von der Globalisierung als zwei Trends. Was gibt es denn noch?

Anja: Also ich arbeite tatsächlich momentan mit sechs bis sieben Megatrends,

Anja: wie wir gerade schon auch angesprochen haben, Globalisierung,

Anja: Individualisierung, demografischer Wandel.

Anja: Das Thema der Digitalisierung ist sicherlich auch ein Megatrend.

Anja: Dann haben wir auch das Thema Klimawandel, wird als Megatrend genommen.

Anja: Das Thema der Urbanisierung und was auch genutzt wird und womit ich auch arbeite,

Anja: ist das Thema Gesundheit.

Anja: Das sind so die großen Megatrends und man kann aber natürlich auch darüber hinaus

Anja: noch durchaus, Und das mache ich auch mit KollegInnen immer wieder,

Anja: dass wir diskutieren, ist das eine nun ein Megatrend oder nicht?

Anja: Wie wird das eigentlich?

Anja: Ist das vielleicht eher ein Bedürfnis oder ist es tatsächlich ein Megatrend?

Anja: Und das ist sicherlich auch immer eine spannende Frage innerhalb der Forschung.

Anja: Was definieren wir nun als Megatrend?

Stella: Dann gib uns doch genau an dem Beispiel mal einen Einblick. Wo seid ihr denn

Stella: gerade vielleicht am diskutieren, ob es eher ein Bedürfnis ist oder wirklich ein Megatrend?

Anja: Lass uns gerne auch beim Beispiel Gesundheit bleiben. Also da kann man wirklich

Anja: sagen, ist das eigentlich ein Bedürfnis, weil wir ja irgendwie auch ein Bedürfnis

Anja: nach Gesundheit haben oder es ist eben auch ein Megatrend, der uns nämlich genau

Anja: mit diesen Kriterien tatsächlich beschäftigt.

Anja: Also dass es ein globales Phänomen ist, dass es eben auch ubiquitär wirkt,

Anja: dass es diese Komplexitätsstufe hat und auch diese längere Halbwertszeit und

Anja: damit eben auch alle Bereiche unseres Alltags verändert wird.

Anja: Und es ist natürlich, Megatrends haben eben auch immer zum Beispiel eine große

Anja: ökonomische Kraft und eine ökonomische Auswirkung auf Märkte.

Anja: Und da kann man bei dem Thema Gesundheit tatsächlich sagen, dass das der Fall ist.

Anja: Insofern würde ich Gesundheit durchaus auch als Megatrend sehen,

Anja: weil er eben auch nicht nur zum Beispiel in dem Kontext der Gesunderhaltung

Anja: der Personen, der individuellen Personen geht,

Anja: sondern wir auch darüber hinausgehen können, in welchen Lebensräumen leben wir

Anja: eigentlich. Wie halten uns Lebensräume gesund?

Anja: Oder wie ist auch die planetare Gesundheit, können wir sogar sagen?

Anja: Also wie sind eigentlich verschiedene Stufen, in denen wir als Individuum dann

Anja: leben, in Gemeinschaft, in politischen Systemen?

Anja: Also was macht das eigentlich mit unserer Gesundheit? Und das ist tatsächlich

Anja: wieder so eine Komplexitätsstufe, wo man sagen kann, das verändert sich auch in der Wahrnehmung.

Anja: Und ich glaube, das ist dann tatsächlich auch wiederum, wo so ein Wechselspiel ist.

Anja: Wenn die Gesellschaft tatsächlich in ihrem Wertewandel diese Megatrends aufgreift

Anja: und mit auch wieder verändert, dann würde ich sagen, entwickeln kann es als

Anja: Megatrend definiert werden.

Stella: Was mir gerade bei dem Bereich Gesundheit auch direkt in den Kopf kam,

Stella: ist natürlich auch die wirtschaftliche Situation.

Stella: Also gerade Unternehmen im Bereich Gesundheit gelten ja auch gerade,

Stella: da gibt es große Wachstumsprognosen, nicht nur im Bereich Abnahmemittel etc.,

Stella: sondern ganz auch im Bereich der Forschung.

Stella: Spielt das damit rein? Also hat das was mit dem Megatrend zu tun oder ist das

Stella: einfach eine Entwicklung, wie du sie gerade angesprochen hast,

Stella: die durch einen Fokus in der Gesellschaft, durch einfach eine hohe Relevanz

Stella: von Gesundheit zustande kommt?

Anja: Beides würde ich sagen. Also wir haben natürlich diese Themen jetzt auch gerade

Anja: zum Beispiel, finde ich sehr spannend, Longevity als Thema.

Anja: Das knüpft ja an dem Megatrend Gesundheit an, aber es knüpft natürlich auch

Anja: an das Thema des demografischen Wandels oder der Individualisierung an.

Anja: Also hier sehen wir auch tatsächlich eine Schnittstelle von verschiedenen Bedürfnissen.

Anja: Also die Frage ist ja immer sozusagen, warum ich auch dieses Thema in den Fokus

Anja: setze, zum Beispiel bei der Longevity.

Anja: Es ist so, dass daraus sich natürlich neue Bedürfnisse in unserer Gesellschaft

Anja: entwickeln und natürlich wir haben auch technologischen Fortschritt,

Anja: was natürlich dann auch das Thema wiederum von der anderen Seite pusht.

Anja: Also hier sieht man tatsächlich, dass es nicht den einen Grund gibt,

Anja: warum etwas eine solche Popularität und auch solch eine Veränderungsbereitschaft impliziert.

Anja: Das heißt, es ist ja nicht nur sozusagen das Phänomen,

Anja: wenn wir uns anschauen, dass der Megatrend Gesundheit momentan vielleicht eine

Anja: starke Rezeption in unserer Gesellschaft hat, sondern das ist natürlich auch

Anja: mit uns, mit unserem Verständnis von Gesundheit etwas verändert.

Anja: Und das finde ich dann auch wirklich wieder diesen relevanten Punkt.

Anja: Wie diskutieren wir eigentlich das Thema Gesundheit heute, beziehungsweise wie

Anja: blicken wir auf das Thema der Gesundheit in Zukunft, gerade nochmal auch unter

Anja: diesen Querschnitts oder unter den anderen Megatrends, die damit reinwirken.

Stella: Wenn du sagst, hey, wie gucken wir heute auf das Thema Gesundheit?

Stella: Wie wollen wir es in Zukunft diskutieren? Was sind denn da aus deiner Forscher:innen-Perspektive?

Stella: Was ist denn da wichtig, wenn man über das Thema Gesundheit für die Zukunft

Stella: spricht? Also was muss ich quasi jetzt dazu wissen und im Kopf haben?

Anja: Also tatsächlich finde ich, zum einen diesen Wechsel,

Anja: Also das erleben wir ja schon auch häufiger und wir hatten sicherlich auch nochmal

Anja: durch die Pandemie da einen leichten Shift,

Anja: aber dass wir stärker nicht mehr Gesundheit unter der Abwesenheit von Krankheit

Anja: verstehen, sondern wirklich auch zu schauen, wie können wir uns nicht aus dem

Anja: Selbstoptimierungsgedanken heraus gesund halten, sondern tatsächlich,

Anja: um unsere, man nennt es so schön, diese Health Spend zu verlängern.

Anja: Also es geht gar nicht mehr unbedingt darum, möglichst lange zu leben.

Anja: Also natürlich möchten wir alle möglichst lange leben, aber eben unter Bedingungen,

Anja: die wir als gesund verstehen können.

Anja: Und was dann gesund ist, ist natürlich auch immer sozusagen eine individuelle Perspektive.

Anja: Das heißt, ich kann eine chronische Grunderkrankung haben. Ganz viele Menschen

Anja: haben chronische Grunderkrankungen wie hohen Blutdruck oder vielleicht auch Diabetes

Anja: und kann trotzdem eine Form von Gesundheit haben.

Anja: Und das ist tatsächlich so das, was sich so ein bisschen verändert.

Anja: Also wie gehen wir mit Erkrankungen auch um?

Anja: Wie können wir die in unseren Alltag integrieren? Wie haben wir da einen anderen

Anja: Zugang auch, vielleicht einen resilienteren Zugang?

Anja: Und gleichzeitig aber eben sozusagen auch das Wissen, Gesundheitswissen und

Anja: natürlich hat das auch viel dann mit Zugang zu Gesundheit zu tun, wie ich es schaffe,

Anja: meine Healthspan, also die Lebensspanne, die gesunde Lebensspanne zu verändern oder zu verlängern.

Anja: Und hier ist natürlich auch das Thema Prävention, finde ich da,

Anja: einfach ein sehr, sehr spannendes Thema für die Zukunft, wie Prävention tatsächlich

Anja: sich auch nochmal in den nächsten Jahren verändern wird und auch die Märkte

Anja: anders nochmal bestimmen wird.

Stella: Jetzt hast du aber gerade auch gesagt, beim Thema Gesundheit,

Stella: wenn wir bei dem Beispiel nochmal kurz bleiben, ist es so, dass Gesundheit nicht

Stella: unbedingt immer gleich bedeutet, länger leben.

Stella: Aber der Longevity-Trend ist ja genau das. Also man möchte länger leben, möglichst

Stella: bis hin zur Unsterblichkeit.

Stella: Wie passt das denn jetzt zusammen? Also entwickelt sich quasi Longevity gerade

Stella: zum nächsten Megatrend oder ist es trotzdem ein Trend unter dem Megatrend Gesundheit?

Anja: Das ist eine interessante Frage, die man durchaus diskutieren kann.

Anja: Also ich würde Longevity nicht auch nur eben unter diesem Aspekt von lange Leben

Anja: betrachten, sondern wirklich lange gesund leben.

Anja: Also ja, natürlich haben wir sozusagen diese Themen und diese Diskussionen,

Anja: wie kann ich sozusagen unsterblich werden?

Anja: Und da muss man so ein bisschen eben auch schauen, was ist da wirklich realistisch

Anja: und was ist aber tatsächlich auch irgendwie ein medialer Hype oder eine Fantasie der Menschen auch.

Anja: Fakt ist, dass die Idee eben eher dahin geht zu sagen, ich möchte möglichst

Anja: lange leben, aber möglichst lange gesund eben dabei bleiben.

Anja: Also das ist wirklich das Ziel darin und das finde ich ist so der Kern,

Anja: wo ich auch sage, dass sich Longevity hin entwickeln wird. Es ist aber ganz

Anja: klar eben auch eine Frage, wie wir das definieren.

Anja: Also ich würde schon sagen, dass Gesundheit sich als Begriff für einen Megatrend,

Anja: kann man durchaus diskutieren, ob sich das in Richtung Lebensqualität,

Anja: in Richtung Longevity oder in Richtung Prävention entwickelt und wir da quasi

Anja: auch in den nächsten Jahren oder auch Jahrzehnten einen neuen Begriff für finden

Anja: muss, der vielleicht momentan von allen dreien, ich sage jetzt mal Lebensqualität,

Anja: Prävention und Longevity, noch nicht richtig abgedeckt wird,

Anja: sondern tatsächlich erst noch daraus sich etwas Neues entwickelt.

Anja: Also wenn tatsächlich etwas daraus entsteht, was so eine Komplexitätsstufe auch

Anja: hat und so eine Wirkkraft hat, dass es eben das Thema Gesundheit rechtfertigt,

Anja: eben abgelöst zu werden.

Anja: Und das ist ja auch immer so ein bisschen das Thema und auch die Kunst vielleicht

Anja: auch der Zukunfts- und Trendforschung, Dass man manchmal Räume beschreiben muss,

Anja: die heute noch nicht existieren, die aber sich in Zukunft abzeichnen lassen.

Anja: Also zu schauen, wie kann wirklich so dieser Bereich sich entwickeln,

Anja: der in Zukunft dann vielleicht auch das Thema Gesundheit ablöst.

Stella: Wenn du sagst, Träume beschreiben, die sich gerade erst noch entwickeln,

Stella: die Trends, die du genannt hast, die muss ich sagen, die kamen mir schon recht vertraut vor.

Stella: Also zumindest schon von der Individualisierung, Globalisierung,

Stella: wir haben auch über Klimawandel etc.

Stella: Gesprochen. Das ist ja alles etwas, das erleben wir schon im Hier und Jetzt.

Stella: Hast du vielleicht Beispiele für dieses in die Zukunft gucken?

Anja: Ich finde tatsächlich, mein Fokus liegt dann eher zu schauen, wie sich Gesellschaft,

Anja: also wie soziokulturelle Trends sich von den Megatrends ableiten lassen und

Anja: was das mit unserer Gesellschaft macht und da tatsächlich diese Dynamiken zu

Anja: untersuchen, weil dort können wir tatsächlich auch Zukunft mitgestalten.

Anja: Das heißt, Megatrends kann man sicherlich auch schauen.

Anja: Es ist, finde ich, manchmal schwieriger. Ich sagte jetzt, beim Thema Gesundheit

Anja: würde ich tatsächlich einen Raum sehen, der sich entwickelt.

Anja: Bei der Individualisierung kann man so ein bisschen sagen, dass sich das vielleicht

Anja: auch weiterentwickelt in diese Richtung der Co-Individualisierung.

Anja: Wobei man auch eben streiten kann, ist das nicht ein Thema, ein Subtrend und

Anja: ein soziokultureller Trend.

Anja: Also, dass wir als Co-Individuen gemeinsam leben.

Anja: Ganz kurze Erklärung vielleicht dazu. Ja, bitte.

Anja: Genau, die Idee dahinter ist, wir haben sozusagen aus der, die Individualisierung

Anja: bedeutet, dass wir natürlich eine Ausdifferenzierung unserer Gesellschaft haben.

Anja: Sie hat sehr, sehr viele Vorteile. Wir können unser Leben sehr freigestalten,

Anja: in den meisten oder in vielen Gegenden und Regionen zumindest.

Anja: Aber es verändert quasi die Ansprüche an die Idee, wie wir uns als Individuen

Anja: verstehen, nämlich zunehmend in einer Ausdifferenzierung,

Anja: in Eigenarten, in Identitäten,

Anja: mit verschiedenen Identifikationsflächen auch.

Anja: Gleichzeitig brechen dadurch gewisse Anker weg. Also, wenn man sich so die Gesellschaften

Anja: vor 40, 50, 60 Jahren anschaut, die stark vielleicht noch an demografischen

Anja: Daten sich orientiert haben,

Anja: wie man als Frau Mitte 40 zu sein hatte, das widerspricht sich mit den heutigen.

Anja: Und dadurch verlieren Menschen aber so ein Stück weit einen Anschluss und einen

Anja: Anker, wo sie Zugehörigkeit empfinden.

Anja: Wir diskutieren viel darüber, aber das Thema Einsamkeit, das ist bei Jungen

Anja: wie bei älteren Generationen zu beobachten, auch weltweit ein Phänomen und das

Anja: ist sicherlich eine Folge der Individualisierung,

Anja: dieser Ausdifferenzierung und gleichzeitig suchen Menschen eben nach neuen Zugehörigkeitsformen.

Anja: Und Co-Kulturen oder Co-Individualisierung beschreibt im Grunde genommen das Phänomen,

Anja: dass wir als Individuen mit all unseren Unterschiedlichkeiten zusammenfinden

Anja: in einer neuen Gemeinschaftsform, wo wir eben mit all unseren Unterschiedlichkeiten

Anja: eine Zugehörigkeit finden.

Anja: Und das finde ich tatsächlich eine spannende Entwicklung, weil sie unsere Gesellschaft

Anja: wirklich umkrempelt, weil wir neue Formen von Gemeinschaft, von Zugehörigkeit,

Anja: weil wir gerade dabei sind, die eben auch zu definieren und zu finden und zu

Anja: kreieren. Und wir merken auch in unserer Gesellschaft, wie schwer es ist.

Stella: Das Ding, ehrlich gesagt, und das finde ich gerade ganz schön,

Stella: sehr versöhnlich und auch recht hoffnungsvoll für die Zukunft,

Stella: dass es da quasi eine Lösung gibt, weil Individualisierung kann ja auch ein

Stella: Problem sein, so wie du es gerade beschreibst, eben durch Einsamkeit etc.

Stella: Ist denn diese Entwicklung gerade eher wahrscheinlich, oder ist das eine Sache,

Stella: die passieren könnte und noch nicht so ganz klar ist, ob es in die Richtung geht?

Anja: Ja, sicherlich. Wir haben, wenn wir uns Trends anschauen, ganz egal eigentlich,

Anja: ob es Megatrends sind oder auch gesellschaftliche Trends, wir haben immer auch

Anja: mit Gegentrends zu rechnen oder wir müssen mit Gegentrends arbeiten.

Anja: Und wir merken natürlich auch in unserer Gesellschaft gerade,

Anja: dass viele Diskussionen wieder zurückgehen, also ein Stück weit wie ein Rückschritt

Anja: gegen die Individualisierung sind.

Anja: Dass man versucht, Menschen wieder eher starke einzuordnen, dass man Freiheiten

Anja: auch versucht zurückzunehmen.

Anja: Gleichzeitig lassen sich manche Dinge einfach nicht wieder negieren.

Anja: Und ich denke, diese Individualisierung ist ja nicht auch etwas,

Anja: was erst in den letzten 30, 40 Jahren aufgetaucht ist. Das ist ja wirklich ein

Anja: Megatrend, der schon sehr, sehr lange mit uns etwas als Gesellschaft macht und verändert.

Anja: Und wir haben ein so starkes Bedürfnis in unserer Gesellschaft nach Gemeinschaft,

Anja: und viele wissen allerdings nicht, wie sie Gemeinschaft vielleicht auch finden

Anja: können und erleben können. Und ich muss ganz ehrlich sagen, ich bin hier eher

Anja: optimistisch, was diese Entwicklung angeht.

Anja: Es braucht einfach, wir sind soziale Wesen, wir sind Menschen,

Anja: als Menschen auf Kollaboration angewiesen, um zu wirken, um Gesellschaft auch zu gestalten.

Anja: Und ich sehe da tatsächlich eher so dieses, aufgrund dieses großen Bedürfnisses

Anja: der Menschen eben auch noch Zugehörigkeit, dass sich in der Co-Individualisierung

Anja: ja etwas entwickeln kann.

Anja: Aber, und ich denke, das ist immer wichtig zu wissen, das ist kein linearer Prozess.

Anja: Wir haben mit diesen, auch mit diesen Gegentrends müssen wir einfach arbeiten

Anja: und daraus entsteht dann auch wieder etwas Neues.

Anja: Vielleicht, wenn wir uns in zehn Jahren hier erneut treffen sollten,

Anja: vielleicht nennt sich dann der Trend ganz anders und hat eine andere Ausprägung,

Anja: weil eben auch Gesellschaft ständig damit arbeitet und das auch eben verändert durch Gegenwahl.

Anja: Also es ist mal eine Frage der Perspektive, und das trifft tatsächlich eben bei

Anja: allen Entwicklungen und bei allen Megatrends auch zu, dass wir dort immer auch

Anja: mit Gegentrends arbeiten müssen.

Stella: Ich glaube, ein Feld, was vielleicht auch viele Gegentrends wahrscheinlich mittlerweile

Stella: hat, ist ja das ganze Feld Klimawandel, was du auch als Megatrend beschrieben hast.

Stella: Also da sehen wir ja auch, wird sehr viel in Frage gestellt etc.

Stella: Dieses Thema Klimawandel, ist das dann eigentlich noch ein Megatrend,

Stella: wenn es in der öffentlichen Wahrnehmung immer mehr in den Hintergrund ja vielleicht auch rutscht?

Anja: Ja, das denke ich ist ganz wichtig, auch bei den Megatrends zu beobachten oder

Anja: zu wissen, dass sie nicht immer unglaublich präsent in unserem Diskurs sein

Anja: müssen, um trotzdem wirken zu können.

Anja: Das heißt, man kann es ein bisschen nennen, manchmal vielleicht einen unterschiedlichen

Anja: Puls oder auch eine unterschiedliche Sichtbarkeit.

Anja: Und dass wir überhaupt das Thema Klimawandel wird einfach teilweise natürlich

Anja: auch sehr emotional diskutiert und es erscheint gerade so,

Anja: als wäre es vielleicht sozusagen nicht mehr so relevant für unsere Gesellschaft

Anja: und für unser Zusammenleben und für unsere Welt,

Anja: für unsere Gesundheit, hat es aber einfach aufgrund der Existenz des Klimawandels eine große Wirkung.

Anja: Und das heißt, selbst wenn wir die Augen davor verschließen,

Anja: bedeutet es nicht, dass dieses Phänomen davon weggeht und uns in den nächsten

Anja: Jahren stark auch weiter beschäftigen wird und wir Lösungen finden müssen und

Anja: wir darüber diskutieren müssen.

Anja: Also das ist auch manchmal vielleicht eine Frage von Sektor, von Perspektive.

Anja: Wie beschäftigt es mich gerade vielleicht als Individuum, wie beschäftigt es

Anja: mich vielleicht aber auch gerade als Organisation oder eben auch als Gesellschaft

Anja: und da würde ich tatsächlich auch nochmal ein bisschen unterscheiden.

Anja: Wir erleben hier durchaus politische Gegenmaßnahmen oder Maßnahmen,

Anja: wo wir dachten, wir sind mal mit der Reaktion auf Klimawandel weiter und man

Anja: versucht, eine Lösung stärker zu erarbeiten, diese zu fördern.

Anja: Und das ist natürlich etwas, was in den letzten Monaten, Jahren ein Stück weit

Anja: zurückgenommen wurde oder auch stärker negativ diskutiert wird.

Anja: Aber tatsächlich ist es trotzdem ein Thema, was ganz viele Unternehmen,

Anja: ganz viele Organisationen einfach prägt und auch Gesellschaft betrifft.

Anja: In den nächsten Jahren einfach stark. Also wir müssen ja nur einfach die Diskussionen

Anja: über im Sommer oder die Nachrichten im Sommer anschauen, wenn es um Waldbrände

Anja: geht oder wenn es über Überflutung geht.

Anja: Also das heißt, nicht alles ist vielleicht immer automatisch ein Thema des Klimarandes,

Anja: aber lässt sich häufig damit schon auch wissenschaftlich eine Verbindung oder

Anja: es wird zumindest diskutiert, ob es diese Verbindung geben wird.

Anja: Und das finde ich tatsächlich ist einfach, es hat trotzdem in den Medien weiterhin

Anja: eine hohe Präsenz und auch in unserer gesellschaftlichen Debatte.

Stella: Noch ein Thema, das finde ich damit auch in Teilen vielleicht zusammenhängt,

Stella: zumindest wenn man das Politische anschaut, ist das der Trend der Globalisierung.

Stella: Da habe ich mich gefragt bei der Vorbereitung auf diesen Podcast,

Stella: gerade unter US-Präsident Donald Trump, der ja sehr negativ auf die Globalisierung

Stella: wirkt, aber man sieht es auch in anderen Teilen der Welt.

Stella: Was bedeutet das eigentlich für einen Megatrend? Ist das dann quasi auch ein

Stella: kurzer Impuls, der sich auf den insgesamt weiter bestehenden Trend auswirkt?

Stella: Oder ist das ein sehr starker Gegentrend, der den Megatrend dann ins Wanken bringt?

Anja: Zunächst einmal kann man sagen, dass Globalisierung natürlich auch unter verschiedenen

Anja: Perspektiven betrachtet werden kann.

Anja: Also wir können Globalisierung sicherlich aus dieser Handelspolitik,

Anja: aus des Zusammenwachsens von Märkten und von Institutionen uns anschauen.

Anja: Infrastruktur, die sich geöffnet.

Anja: Aber wir können auch ganz klar Globalisierung als einen Wert betrachten,

Anja: den wir vielleicht als Gesellschaft leben oder versuchen zu leben.

Anja: Das heißt, dass Globalisierung so aus dem Thema des Kosmopolitismus,

Anja: also ein kosmopolitisches Denken eher ein Wert ist, der uns prägt als Gesellschaft.

Anja: Das sind sicherlich zwei verschiedene Perspektiven,

Anja: Was man sagen kann, ist, dass Globalisierung auch schon vor Trump ein Stück

Anja: weit von einem Gegentrend geprägt war, nämlich so diesem starken Sehnsucht nach dem Lokalen,

Anja: nach dem Regionalen, also wieder so der Fokus auf das Lokale,

Anja: weil es ein Stück weit eine Vereinheitlichung vielleicht auch impliziert hat

Anja: oder mitgebracht hat, die Globalisierung.

Anja: Das heißt, man hat auch hier wieder ein Stück weit Anker gesucht,

Anja: ein Stück weit nach Herkunft, nach Zugehörigkeit oder auch nach etwas Authentischem.

Anja: Auch das sind ja so Begriffe, die vielleicht manchmal auch ein bisschen überstrapaziert werden.

Anja: Aber diese Sehnsucht nach Lokalität, Regionalität ist weiterhin in uns sehr

Anja: stark und er prägt auch diesen Megatrend der Globalisierung.

Anja: Das heißt, meine KollegInnen sprechen teilweise von Glocalisierung,

Anja: also wo wir beides im Grunde genommen kombinieren können.

Anja: Dieses globale Denken, also diesen

Anja: Wert des kosmopolitischen Denkens, und gleichzeitig aber trotzdem zu sagen,

Anja: wir haben einen Fokus auf, wir stärken zum Beispiel lokale, regionale Netzwerke,

Anja: und gleichzeitig haben wir trotzdem

Anja: ein globales Denken oder haben dieses überregionale, vernetzte Denken.

Anja: Das ist für mich eher so dieses Spannende eigentlich auch an dem Thema Globalisierung.

Anja: Aber ja, natürlich bewirkt Politik auch etwas und verändert damit natürlich

Anja: auch die geopolitische Situation und wie die Welt zusammen Handel betreibt und

Anja: wie es auch überhaupt möglich ist,

Anja: natürlich dann auch diesen Gedanken des Lokalen noch umzusetzen.

Anja: Also insofern, dass ich würde sagen, diese häufig mit Globalisierung verbundene

Anja: Interpretation der Handels- und Investitionspolitik,

Anja: der Kapitalmärkte, der Institutionen, der Vernetzung von Institutionen und das

Anja: ist sicherlich etwas, was durch Politik gerade auch verändert wird und am Verändern ist.

Anja: Dass wir mehr geopolitische Spannungen haben und auch das Thema Sicherheit und

Anja: Datenschutz nochmal ganz anders diskutiert wird.

Anja: Das ist so diese politische Ebene und auf der anderen Seite haben wir als Gesellschaft

Anja: durchaus dieses Denken oder beziehungsweise manchmal auch hier wieder ein Gegentrenddenken,

Anja: wo das natürlich auch als Gefahr oder als etwas Unangenehmes empfunden wird,

Anja: wenn wir zunehmend auch in diesem offenen, weltoffenen Denken oder in einem

Anja: weltoffenen Mindset sozusagen leben.

Anja: Und aber es prägt einfach gerade auch jüngere Generationen, die mit dieser vernetzten

Anja: Welt eben stark aufgewachsen sind. Und das widerspricht sich eben nicht.

Stella: Was du auch gerade angesprochen hast, du hast gesagt, für manche kann Globalisierung

Stella: auch als Problem gesehen werden.

Stella: Und generell ist mir bei den ganzen Trends, oder Megatrends,

Stella: um konkret zu sein, die du aufgezählt hast, aufgefallen, kann man auch immer

Stella: im Verbund mit Problemen sehen.

Stella: Klimawandel, ganz eindeutig, riesiges, existenzielles Problem.

Stella: Globalisierung kann als Problem gesehen werden.

Stella: Also beschäftigt ihr euch quasi bei der Megatrend-Forschung eigentlich primär mit Problemen?

Anja: Das ist immer so die Frage, mit welcher Perspektive schaut man drauf.

Anja: Also ich lade immer dazu ein, generell Trends erstmal mit einer,

Anja: ich sag so ein bisschen einer zeitlosen Neugierde zu betrachten und sich erstmal

Anja: zurückzunehmen und sich das erstmal anzuschauen.

Anja: Und gar nicht erst mal zu werfen, dass etwas gut oder schlecht sein muss,

Anja: sondern erst mal, es ist, es passiert gerade etwas.

Anja: Und wie du auch sagtest, die meisten Entwicklungen sind nicht schwarz-weiß,

Anja: sondern die meisten Entwicklungen sind komplex und sie haben Dinge,

Anja: die positiv sind, sie haben Dinge, die negativ sind.

Anja: Wir können nur allein das Phänomen von sozialen Medien nehmen,

Anja: da gibt es viel, viel, viel zu kritisieren, aber es hat theoretisch der Grundgedanke,

Anja: es hat auch eigentlich etwas Positives.

Anja: Also wir haben durchaus, gibt es immer unterschiedliche Wertungen und auch jedes,

Anja: je nachdem, was ich als Individuum mitbringe, werte ich eine Sache anders.

Anja: Das heißt, meistens ist diese Wertung sagt eher etwas über mich aus,

Anja: als über das Trendphänomen als solches.

Anja: Und das finde ich dann auch wieder so dieses Spannende, diese Reflexion zu haben.

Anja: Wie reagiere ich eigentlich auf etwas? Mit welcher Haltung?

Anja: Und das sagt meistens mehr über mich in meiner jetzigen Situation aus,

Anja: als über die Entwicklung tatsächlich.

Anja: Das trifft natürlich nicht für alle Phänomene zu, ganz klar.

Anja: Es gibt politische Phänomene, da ist es einfach wichtig, auch eine Position zu übernehmen.

Anja: Das möchte ich überhaupt nicht infrage stellen. Aber wenn ich mir das Phänomen

Anja: von künstlicher Intelligenz anschaue, kann ich mit ganz vielen verschiedenen

Anja: Brillen drauf schauen und kann ganz unterschiedlich auch darauf reagieren und

Anja: es nutzen und auch vielleicht die ethische Debatte mitprägen.

Anja: Also ich habe hier auch immer dann diese Möglichkeit, mich zurückzunehmen und

Anja: zu schauen, okay, ich schaue es mir erst mal an, um mich dann zu fragen,

Anja: in welcher Zukunft möchte ich eigentlich leben und wie kann ich vielleicht mit

Anja: den Mitteln, die mir zur Verfügung stehen,

Anja: auch dazu beitragen, diese Diskussion mitzuprägen und als Gesellschaft eben

Anja: auch in eine bestimmte Richtung,

Anja: die vielleicht für mich wertvoll ist, mit weiterzuentwickeln.

Anja: Und dafür brauchen wir eigentlich diesen gesellschaftlichen Diskurs.

Anja: Und deswegen ist es auch so, dass am Anfang gefragt, warum es so wichtig ist,

Anja: sich mit diesen Trends auseinanderzusetzen.

Anja: Weil sie tatsächlich wichtig sind, in der Gesellschaft auch debattiert zu werden,

Anja: um uns klarzumachen, wie wollen wir eigentlich in Zukunft leben?

Anja: Was bedeutet für uns Zukunft Lebensqualität? In welchen Räumen,

Anja: mit welchen Gemeinschaften, in welchen Gesellschaften wollen wir leben?

Anja: Und da gibt es nicht die eine Zukunft, auf die wir uns hin entwickeln.

Anja: Und es gibt auch nicht die eine Antwort, sondern wir sind gefordert als Gesellschaft,

Anja: uns mit diesen Veränderungen auseinanderzusetzen, um dann daraus zu entscheiden,

Anja: was möchten wir eigentlich in Zukunft haben und wie möchten wir leben?

Stella: Was ich mich auch gefragt habe, der Bereich Digitalisierung.

Stella: Du hast gerade das Stichwort Künstliche Intelligenz geliefert.

Stella: Wird ja gerade viel diskutiert. Wird KI jetzt der nächste Megatrend?

Stella: Ist KI ein Trend der Digitalisierung?

Stella: Gib mir doch da nochmal und natürlich auch den ZuhörerInnen eine kurze Einordnung.

Anja: Ja, also momentan, ich definiere es als Teil der Digitalisierung.

Anja: Ich finde es aber durchaus auch diskussionswürdig zu fragen,

Anja: ist künstliche Intelligenz ein neuer Megatrend?

Anja: Weil er wirklich auch diese Auswirkungen, zumindest momentan gehen wir davon

Anja: aus, dass er wirklich diese starken Auswirkungen auf so viele Bereiche unseres

Anja: Alltags hat. Er verändert bereits unsere Werte, er verändert bereits,

Anja: wie wir miteinander sprechen.

Anja: Kommunikation wird davon beeinflusst. Es verändert auch die Märkte momentan.

Anja: Es wird mit Sicherheit unsere Arbeitswelt stark verändern.

Anja: Also wir haben hier wirklich auch ein Phänomen, das sehr groß und globale Auswirkungen

Anja: hat auf uns Menschen in unserem Wertesystem, auf unsere Politik,

Anja: Die Frage von Rechten und von Copyrights.

Anja: Das ist natürlich auch irgendwie, wird gerade, und auch Datenschutz wird irgendwie

Anja: gerade, muss irgendwie ausgehandelt werden.

Anja: Es ist die Frage der Arbeitskultur, es ist die Frage auch von,

Anja: es entstehen neue Konsummärkte, es entstehen neue Bereiche wie auch des Kulturraums.

Anja: Also auch das ist etwas, was ja daraus neu entstehen kann.

Anja: Also insofern finde ich diese Diskussion durchaus interessant,

Anja: ob die künstliche Intelligenz neben der Digitalisierung eben auch ein eigener Megatrend sein kann.

Anja: Und ich glaube, das ist vielleicht auch immer so eine Frage,

Anja: mit wem arbeitet man gerade und wie arbeitet damit.

Anja: Aber definitiv ist es keine Frage des Obts, sondern eher, wie wir damit umgehen.

Anja: Und das ist einfach, es ist etwas, was bleibt und nicht mehr weggehen wird.

Stella: Welche Trends im Bereich Digitalisierung gibt es denn eigentlich noch?

Stella: Wir sprechen gerade so viel über KI, aber was ist denn aus deiner Sicht noch relevant?

Anja: Ja, das hast du völlig recht, aber wir haben natürlich viele Bereiche,

Anja: auch der Technologisierung, wo natürlich digitale Strukturen mit reinfliehen,

Anja: fallen, die unglaublich spannend sind.

Anja: Also ich sage jetzt auch mal der ganze Biotech-Bereich, Biotechnologien,

Anja: also auch wie zum Beispiel unsere Lebensmittel in Zukunft sind oder auch Themen,

Anja: wo auch wieder so Schnittstellen sind.

Anja: Also ich finde einfach unglaublich spannend, was da gerade auch tatsächlich

Anja: an technologischen Innovationen passieren kann, die natürlich auch direkt im

Anja: Zusammenhang mit einer erhöhten Digitalisierung stattfinden.

Anja: Also Dinge wie CO2-Capturing, also CO2 aus der Luft nehmen, daraus Proteine

Anja: machen, also das finde ich sind unglaublich, sind natürlich momentan keine Nischen,

Anja: aber es sind spannende Ideen, es sind spannende Themen, die aus diesen Bereichen entstehen können.

Anja: Also das ist sicherlich noch etwas, wo ich gerade auch einfach viel,

Anja: wo ich mich begeistern für kann, weil es einfach viel passiert.

Anja: Viel auch gerade beim Thema, wir haben, auch das ist ein Thema von Gesundheit und Klimawandel.

Anja: Wie gehen wir mit unserer Ernährung in Zukunft um, gerade das Thema pflanzenbasierte Alternativen?

Anja: Hier ist natürlich auch viel durch Digitalisierung, Technologie,

Anja: Neues entstanden und verändert sich gerade auch in der Qualität,

Anja: verändert sich auch gerade in der Preisgestaltung.

Anja: Also auch das hat wieder sozusagen eine Auswirkung, nicht nur im Bereich der

Anja: Technologie oder der Digitalisierung, sondern auch, wie wir dann zum Beispiel

Anja: in Zukunft essen und uns ernähren werden.

Stella: Ich finde, dieses Beispiel zeigt, oder die Beispiele, die du gerade genannt

Stella: hast, zeigen auch hervorragend diese Vernetzung nochmal der ganzen Megatrends,

Stella: dass sofort in dem Fall auch Digitalisierung mit Gesundheit verbunden ist,

Stella: aber auch in gewisser Art und Weise, wenn wir auf Handel gucken, mit Globalisierung.

Stella: Und so hängt ja wieder alles zusammen. Gibt es eigentlich eine Limitierung?

Stella: Also habt ihr quasi, weil ich glaube, es sind jetzt aktuell sieben Megatrends,

Stella: wenn ich mich nicht geirrt habe und verzählt habe, sagt ihr,

Stella: bei sieben ist Schluss und sprich, wenn KI jetzt doch ein Megatrend wird,

Stella: dann muss die Digitalisierung weg oder wie ist das?

Anja: Nein, und ich möchte nochmal betonen, dass das auch je nachdem von Netzwerken

Anja: ganz unterschiedlich ist, mit welchen Megatrends und wie sie arbeiten.

Anja: Also es ist tatsächlich erstmal für mich diese Einladung, sich mit diesen großen

Anja: Phänomenen zu beschäftigen, und dann auch tatsächlich diese Diskussion immer

Anja: wieder zu öffnen, nutzen wir es als Megatrend.

Anja: Und wenn wir es als Megatrend nutzen, was bedeutet es dann tatsächlich auch

Anja: vielleicht für unser Unternehmen, für unsere Organisation, für unsere Gesellschaft

Anja: oder auch für uns als Individuum.

Anja: Vielleicht ist es manchmal auch gar nicht so unbedingt wichtig zu wissen,

Anja: ist das jetzt ein Megatrend oder es ist ein gesellschaftlicher Trend.

Anja: Wichtig ist erstmal, sich tatsächlich mit diesem Phänomen auseinanderzusetzen und zu sagen, okay,

Anja: es ist etwas, was bleibt und es ist vielleicht auch etwas, was ich tatsächlich,

Anja: wo ich mich mit auseinandersetzen sollte, und auch vielleicht mir erstmal es

Anja: neutral anschauen kann.

Anja: Erstmal, okay, es ist da. Und dann mich aber fragen, wie möchte ich es eigentlich

Anja: nutzen und wie möchte ich vielleicht auch, dass sich zum Beispiel eine Technologie

Anja: entwickelt, oder wie möchte ich diese Technologie für mich nutzen.

Anja: Also, dass wir da einfach stärker, wenn wir uns dieser Entwicklung bewusst machen,

Anja: stärker in Diskussionen gehen und ich glaube, das ist das ganz Wichtige dabei,

Anja: dass wir wieder auch lernen, und das ist vielleicht auch ein Trend der Zukunft,

Anja: wieder mehr lernen, miteinander ins Gespräch zu kommen,

Anja: Diskurse auszutragen, die nicht sozusagen unbedingt immer gegeneinander sind,

Anja: so nach dem Motto, ich habe Recht, du hast Unrecht, wir sehen die Welt schwarz

Anja: und weiß, sondern tatsächlich auch in dieser Komplexität sehen und auch diskutieren lernen.

Stella: Ich muss sagen, wir müssen leider jetzt zum Ende des Podcasts kommen,

Stella: auch wenn ich sehr gerne noch weiter mit dir über Megatrends und die Auswirkungen sprechen würde.

Stella: Und ich fand, das war eigentlich auch schon ein sehr, sehr gutes Schlusswort.

Stella: Ich würde es nochmal einmal so zusammenfassen, dass für dich Megatrends auch

Stella: gerade bedeuten, eben darüber in Diskurs zu gehen, in Austausch zu kommen,

Stella: weil das ist etwas, was wir quasi Megatrend, trendübergreifend auch einfach

Stella: gerade für alle unsere Gesellschaften brauchen. Würdest du mir dazu stimmen?

Anja: Definitiv, auf jeden Fall genau. Es ist das Sichtbarmachen, es ist das drüber

Anja: in Diskurs gehen und sich darüber auszutauschen.

Anja: Was bedeutet es eigentlich für unsere Zukunft?

Anja: Was bedeutet es aber auch für unser Jetzt, wenn wir sozusagen Zukunft mitgestalten wollen?

Stella: Dann danke ich dir doch an dieser Stelle sehr herzlich, dass du heute bei uns

Stella: im Podcast bei t3n Interview zu Gast gewesen bist, liebe Anja.

Anja: Vielen Dank. Ja, vielen Dank für die Einladung. Es war ein sehr nettes Gespräch mit dir.

Stella: Das freut mich zu hören und ich hoffe, das geht auch den ZuhörerInnen so,

Stella: dass ihr auf jeden Fall, ob ihr jetzt ein Videocast schaut oder beim Podcast

Stella: zuhört, etwas mitnehmen konntet zu dem ganzen großen Feld der Megatrends.

Stella: Vielleicht sprechen wir in zehn Jahren oder eher nochmal in fünf darüber,

Stella: wie sich die Trends entwickelt haben.

Stella: Und ansonsten gibt es eine neue Folge von t3n Interview, nicht zum Thema Megatrends,

Stella: sondern zu einem anderen spannenden Thema in der nächsten Woche am Freitag.

Stella: Ich freue mich, wenn ihr wieder einschaltet und natürlich, damit ihr es nicht

Stella: verpasst, Drückt doch mal auf Abonnieren in der Podcast-App euer Wahl und lasst

Stella: auch gerne eine Bewertung da und schickt uns Feedback an podcast@t3n.de.

Stella: Die Adresse findet ihr auch in den Shownotes und in dem Sinne verabschiede ich

Stella: mich bis zur nächsten Woche. Tschüss!

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