Tagesgeschäft killt Innovation – oder doch nicht?
Shownotes
Christian Schwedler arbeitet als BMW-Stratege und als Keynote-Speaker. Er hat sich auf das Thema Ambidextrie spezialisiert. In der Folge gibt er praktische Tipps, wie Teams damit arbeiten können. Einer seiner Vorschläge: die Piratenideen. Moderiert wird die Episode von Host Stella-Sophie Wojtczak.
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Transkript anzeigen
Stella: Schön, dass ihr wieder eingeschaltet habt zu einer neuen Folge von t3n Interview.
Stella: Wir werden uns heute unter anderem mit einem sehr sperrigen Begriff im Management,
Stella: in der Führung beschäftigen, Ambidextrie.
Stella: Und mit wem spreche ich darüber? Mit Christian Schwedler.
Stella: Er ist Keynotespeaker und BMW-Stratege, ehemaliger Punker.
Stella: Also ich bin gespannt, Christian, wie sich das alles in deiner Person vereint
Stella: und was vor allen Dingen hinter Ambidextrie steckt. Dazu kommen wir gleich.
Stella: Ich bin Stella-Sophie Wojtczak, Host von t3n Interview. Muss mich natürlich auch vorstellen.
Stella: Aber jetzt direkt zu dir, Christian. Fangen wir erstmal so an.
Stella: Was machst du denn jetzt eigentlich?
Christian: Ja, wenn ich das selber so wüsste. Nein, Quatsch. Hallo.
Stella: Fängt gut an.
Christian: Fängt gut an, ja. Fangen wir erstmal an mit Keynote. Ich weiß nicht,
Christian: ob das jeder kennt. Mich kann man buchen für Vorträge.
Christian: Ich komme zu Kongressen oder auch zu Firmen direkt hin.
Christian: Und gebe Impulse, mache dann Vorträge über genau diese Themen,
Christian: mutigen Wandel, beitähnliche Führung, Ambidextrie, kommen wir gleich drauf.
Christian: Das ist ein Teil, was ich mache.
Christian: Und so mit der einen Hälfte sozusagen. Und mit der anderen Hälfte bin ich bei
Christian: der BMW Group angestellt.
Christian: Und da kümmere ich mich ein Stück weit um strategische Ausrichtungen,
Christian: gerade so für unseren R&D Hub.
Christian: Wie entwickelt der sich in die Zukunft? Und ja, so bin ich immer so dran an
Christian: diesen Themen Wandel und Transformation und Zukunft.
Stella: Das heißt also, über das, was wir sprechen, das ist natürlich auch was,
Stella: was du bei BMW auch selber erlebst, gerade das Thema Transformation.
Stella: Aber wir wollen heute uns ja damit beschäftigen, was du eben insbesondere in
Stella: deinen Kinos weitergibst zum Bereich Ambidextrie.
Stella: Guck mal, das zweite Mal schon. Ich war vorher, dachte ich so, ach.
Christian: Du hast doch geübt vorher bestimmt, diesen Zungenbrecher.
Stella: Ja, möglicherweise. Also vielleicht mal so zur Einleitung, wofür steht denn das Ganze?
Stella: Das steht ja eigentlich für ein Mix aus Stabilität und Flexibilität in der Führung,
Stella: oder? Habe ich das gut zusammengefasst?
Christian: Ja, sehr gut. Genau, das kommt aus dem Lateinischen, das heißt beides gleich
Christian: gut. Mit beiden Händen gleich gut sein.
Christian: Und das ist genau die Fähigkeit einer Organisation oder eines Teams oder einer
Christian: Führungskraft eben genau mit diesem Spannungsfeld umzugehen.
Christian: Denn wir alle müssen irgendwie im Tageskerngeschäft fehlerfrei routiniert abliefern,
Christian: wer muss das nicht und gleichzeitig müssen wir so radikal die Zukunft erfinden
Christian: oder Schritt halten, da kommt rechts KI angeflogen, links wieder irgendein Change-Projekt
Christian: und dann sollen wir ein bisschen innovieren und so weiter so.
Christian: Und das Spannende ist halt, dass diese beiden Welten, diese beiden Hände genau
Christian: gegensätzliche Arbeitsweisen benötigen.
Christian: Und das macht das eben so spannend oder vielleicht auch herausfordernd, ja.
Christian: Und letzter Satz dazu noch, bei dieser Ambidextrie, ich nenne diese beiden Welten
Christian: oder diesen beiden Händen, ich nenne das, eine ist für mich der Be-Brilliant-Modus
Christian: und das andere der Be-Brave-Modus.
Christian: Und das ist halt nicht so, ohne das irgendwie unter einen Hut zu bringen.
Stella: Ich glaube, es ist schon leicht zuzuordnen, Pi mal Daumen, was was ist.
Stella: Aber worum sprechen wir eigentlich heute darüber? Weil das, was du angesprochen
Stella: hast, ist ja gerade in vielen Unternehmen der Fall. Das heißt,
Stella: es gibt dieses permanente Spannungsfeld.
Stella: Man möchte innovativ sein. Man fordert auch viel von den MitarbeiterInnen.
Stella: Das heißt, viel Wandel, viel Veränderung.
Stella: Dazu kommen Ängste aufgrund von künstlicher Intelligenz, aufgrund der Wirtschaftstage.
Stella: Und zusätzlich hat man möglicherweise ein laufendes Tagesgeschäft,
Stella: wo es Verpflichtungen gibt, wo es Dinge gibt, die einfach gesetzt sind.
Stella: Und die müssen ja alles, wie du es gerade beschrieben hast, irgendwie Hand in Hand gehen.
Stella: Und diese Ambidextrie, sagst du, die soll dabei helfen. Und genau darüber wollen
Stella: wir jetzt heute mal ein bisschen genauer sprechen. Keine Sorge,
Stella: nicht nur für Führungskräfte, sondern auch für MitarbeiterInnen.
Stella: Also für alle, die eben in Unternehmen, ich sage jetzt mal insbesondere mit
Stella: Bürotätigkeiten beschäftigt sind, ist das, glaube ich, heute hier hoffentlich
Stella: eine gewinnbringende Veranstaltung.
Stella: Falls nicht, beschwert euch gerne unter podcast.t3n.de, aber natürlich empfangen
Stella: wir auch gern positives Feedback.
Stella: Also fangen wir doch jetzt hier nochmal an. Stabilität, Flexibilität,
Stella: aber jetzt haben wir so einen sperrigen Begriff und du sagst,
Stella: beides ist wichtig, aber was steckt denn da dahinter?
Stella: Also ist das eine richtige Art von Führung oder was beschreibt diese Ambidextrie?
Christian: Ja, das sind ganz verschiedene Stellschrauben. Das ist die Unternehmenskultur,
Christian: wie gehen Mitarbeitende oder Führungskräfte miteinander um, was ist so Verhalten,
Christian: was gern gesehen ist oder eher sanktioniert wird.
Christian: Es ist Führung, es ist wie baue ich meine Teams auf, wie gestalte ich so einen Tag.
Christian: Also eigentlich spielt da alles mit. Das ist so, kannst du dir vorstellen,
Christian: wie so ein Betriebssystem, was da so drunter liegt.
Christian: Und woran hapert es meist? Du weißt selber keine große Überraschung,
Christian: wir sind gerade in der Krise, ja, überall Zukunftsdepressionen,
Christian: alles irgendwie ist gerade schwierig, du siehst überall Panik und ich nenne
Christian: das so den Kieselstein-im-Schuh-Effekt.
Christian: Hat ja jeder wahrscheinlich schon mal so ein kleines Steinchen im Schuh.
Christian: Tut tierisch weh, das Problem ist, alle Aufmerksamkeit geht auf diese unmittelbare
Christian: Störung und man verliert aber so ein bisschen so den Blick fürs große Ganze oder für den Weg, ja.
Christian: Und das passiert gerade in Unternehmen. Jetzt ist gerade nur Krisenstimmung.
Christian: Jetzt, wenn du immer in die Zeitungen aufschlägst, dann liest man überall Effizienzprogramm,
Christian: Mitarbeiter entlassen, Kosten sparen und so weiter.
Christian: Aber was ist mit dem Be Brave Modus? Also wo bleibt jetzt wieder die Neugierde,
Christian: die Angriffslust, die Aufbruchsstimmung, der Freiraum dafür?
Christian: Und das ist, worum es mir geht, was wir ein Stück verlernt haben,
Christian: glaube ich, wo wir trotz Krise, trotz Druck im Tagesgeschäft wieder hinkommen müssen.
Stella: Da könnte ich ja direkt fragen, wie kommen wir denn zu diesem Freiraum?
Stella: Aber vorher will ich von dir wissen, dieser Kieselstein im Schuh,
Stella: das ist quasi die Innovation, die so gefordert wird?
Stella: Oder was ist gerade der Kieselstein im Schuh in deinem Bild?
Christian: Der Kieselstein ist das, wo es gerade drückt. Das sind zum Beispiel,
Christian: oh, die Quartalzahlen sind nicht im Gerät. Wir müssen kurzfristig irgendwas machen.
Christian: Das ist, oh, machst du Zeit lang auf, VW hat, weiß ich nicht,
Christian: zig Milliarden DFC, das müssen wir Kosten sparen.
Christian: Also es geht immer nur so um den Be-Brilliant-Modus. Also wie können wir es
Christian: effizienter machen und Kosten sparen und so weiter. Das ist alles richtig und wichtig.
Christian: So viel Verständnis habe ich von Betriebswirtschaft und Management.
Christian: Das ist alles ohne Frage richtig und wichtig, aber eben nicht nur.
Christian: Also wir müssen parallel, haben wir ein bisschen vergessen, auch diese anderen
Christian: Themen, dass es eben nicht nur darum geht, irgendwie die bestehenden Dinge,
Christian: die bestehenden Prozesse besser zu machen, sondern vielleicht auch mal etwas
Christian: ganz Neues zu denken oder etwas ganz Neues zu erfinden oder mal was ganz Neues zu hinterfragen.
Christian: Ja, es geht ja, um das mal ein bisschen konkreter zu machen.
Christian: Ich weiß nicht, in vielen Unternehmen stellt er doch mal so eine ganz naive
Christian: Frage, wie so ein Kind das machen würde.
Christian: Ist in den meisten etablierten Unternehmen wahrscheinlich erstmal verpönt.
Christian: Das wirkt ein bisschen unprofessionell.
Christian: Aber ich glaube, dass da eine Riesenkraft drin liegt.
Stella: Also du meinst mit der naiven Frage zum Beispiel einfach mal zu hinterfragen,
Stella: hey, warum machen wir eigentlich dies und das und jenes? Wie ist das entwickelt? All sowas.
Christian: Ja, nur als Beispiel. Hätte mich meine Tochter damals gefragt,
Christian: Papa, warum brauchen Taxiunternehmen eigentlich Taxis?
Christian: Hätte ich doof angeschaut, so ey Kind, denk doch mal nach, bist du blöd.
Christian: Und auf dieser ganz naiven, blöden Frage, da basiert das Businessmodell von Uber drauf.
Christian: Um jetzt mal so ein ganz plakatives Beispiel zu nehmen. Das ist erstmal eine
Christian: ganz doofe, naive Frage.
Christian: Also manchmal haben diese naiven Fragen eine hohe Kraft.
Christian: Und ich glaube, manchmal hat das ein bisschen so Pipi-Langstrumpf-Modus vielleicht
Christian: mehr Inspiration und mehr Hebelwirkung hat, als wieder irgendeine feinpolierte
Christian: KPI in irgendeinem PowerPoint oder so. Und das ist eben genau mein Punkt.
Christian: Aber diese Denk- und Freiräume und diesen Mut für diese Dinge müssen wir,
Christian: das ist kein Selbstläufer, das müssen wir etablieren.
Christian: Um dir nochmal ein Beispiel zu nennen, auf meinen Keynotes zeige ich oft immer
Christian: gerne so einen Auszug aus so einem typischen Outlook-Kalender.
Christian: Und der ist dann, wenn ich Überraschung, vollgeballert mit Terminen und teilweise
Christian: hast du ja Dreifachbuchungen, kennt wahrscheinlich jeder.
Christian: Und dann färbe ich immer die speziell ein, die halt diesen Be Brave,
Christian: diesen Hochinnovations- oder Wandelbezug haben. Dann hast du so einen 30-Minuten-Block da drin.
Christian: So, wie soll denn das im Alltag aussehen? Da hast du so einen Vormittag,
Christian: arbeitet dein Team, ja, so fehlerfrei routiniert, wird ja um Cent-Beträge gefalscht
Christian: und dann kommt so ein Teams-Call, ja, halbe Stunde, so, now we're gonna reinvent
Christian: the world, now let's bring it on,
Christian: it's not gonna happen, wird so nicht passieren.
Christian: Und fortschrittliche Unternehmen erkennen das, dass man dazwischen diesen Modi
Christian: unterscheiden muss und geben halt Freiräume.
Christian: Manche Firmen bilden spezielle Teams aus, die wirklich nur Vollgas geben dürfen,
Christian: Pipi-Langstrumpf-Modus nenne ich es jetzt einfach mal salopp.
Christian: Also können ernst genommen agile Arbeitsweisen sein oder wie auch immer man das gestaltet.
Christian: Manche Teams, ich arbeite mit einer Firma zusammen, die sagen,
Christian: die haben jetzt nicht die Personaldecke,
Christian: um so ein eigenes Team irgendwie aufzustellen quasi für diesen Modus.
Christian: Die haben jetzt einen Be Brave Donnerstag eingeführt. Stell dir vor,
Christian: komplett besprechungsfrei. Verrückt, oder?
Christian: Komplett besprechungsfrei und da dürfen die Leute halt mal out of the box denken,
Christian: also mal mutig sein, mal was entwickeln, mal Ideen spinnen und so weiter.
Christian: Und so wird jedes Team, jedes Unternehmen halt so eine eigene Form finden,
Christian: um das zu gestalten im Grunde.
Stella: Genau da hake ich einmal ein. Das klingt ja erstmal alles ganz verlockend,
Stella: was du da beschrieben hast mit dem Be Brave Modus.
Stella: Wir machen uns da den freien Donnerstag ohne Termine, aber kollidiert es nicht
Stella: total damit, dass diese Art von Mut und von Innovation, die du da auch ansprichst,
Stella: die funktioniert ja nicht auf Knopfdruck. Die braucht doch vorher auch eine bestimmte Struktur.
Stella: Es kann auch sein, ist ja prima, wenn ich meinem Team jetzt sage,
Stella: hey Leute, donnerstags keine Termine, da macht ihr mal was ganz Mutiges.
Stella: Vielleicht machen die erstmal, was über drei Wochen liegen geblieben ist,
Stella: gucken dann auf die Uhr und denken, Gott sei Dank, kein Termin.
Stella: Ich trinke in Ruhe einen Kaffee und mache mal ja Feierabend.
Stella: Voll menschlich, voll nachvollziehbar, aber das ist ja nicht das, was du meinst.
Stella: Also wie kommt man denn dann wirklich in den Brave-Modus?
Christian: Ja klar, das sind viele Dinge. ja, du musst erst mal vielleicht schauen,
Christian: wer ist denn überhaupt geeignet für den BeBrave-Modus? Das sind vielleicht auch nicht alle, ne?
Christian: Also du hast ja so statistisch gesehen, 10, 15 Prozent sind die sogenannten
Christian: Innovators und Early Adapters.
Christian: Sorry für diese ganzen englischen Begriffe, aber so in der Fachwelt sind das
Christian: immer so diese englischen Begriffe.
Christian: Innovatoren könnte man sagen. Also das sind die, wenn das neue iPhone rauskommt,
Christian: ja, vorher einen Tag zelten, weil die wollen immer vorne dran sein,
Christian: ja, und immer Vorreiter sein.
Christian: Und kann ich schauen, ob ich zum Beispiel auch die dann entweder,
Christian: ich als Führungskraft kenne meine Schäfchen, ja, und dann kann ich die Personen gezielt ansprechen.
Christian: Oder kann das auch auf Freiwilligkeit basieren, ne, wenn du sagst,
Christian: komm mal, wir haben ja irgendein Projekt, eine Idee, wer hat denn Lust da mitzumachen?
Christian: Und dann melden sich vielleicht eher die, die da auch Lust haben.
Christian: Dann hast du schon mal die richtigen Leute. Das kann zum Beispiel ein Hebel sein, ne.
Christian: Und dann musst du das natürlich aber auch, da gebe ich dir voll recht,
Christian: sowas geschieht auch nicht per Knopfdruck.
Christian: Das ist ein Prozess, da muss die Unternehmenskultur und die Führungskräfte müssen da auch mitwachsen.
Christian: Die müssen das auch, die Freiräume einfordern und zur Verfügung stellen und so weiter.
Christian: Das muss natürlich mitgetragen werden im besten Fall im Unternehmen.
Stella: Was du gerade ansprichst, die Führungskräfte kennen ihre Schäfchen.
Stella: Da hast du ja auch ein Modell, quasi Teams in blau und rot aufzuteilen.
Stella: Und darüber möchte ich jetzt mit dir sprechen. Was bedeutet denn diese Aufteilung?
Stella: Was ist rot? Was ist blau?
Christian: Genau, eigentlich ist das nur eine Farbcodierung für die beiden Hände,
Christian: für die beiden Modierungen.
Christian: Dieser Kerngeschäfts-Routine-Modus, also ich nenne den Be Brilliant,
Christian: den kodiere ich immer mit Blau und diesen Be Brave-Modus, den kodiere ich mit Rot.
Christian: Das funktioniert sehr gut, wenn ich zu Firmen komme, wenn ich zum Beispiel einen
Christian: Vortrag halte, das brennt sich so rein in die Köpfe, das ist quasi,
Christian: als wenn ich denen das so in den Kopf tätowiere später.
Christian: Und so weiß aber jeder sofort, was gemeint ist.
Christian: Dann stehen die auch Monate später in der Teeküche als Beispiel und sagen,
Christian: boah, das war ganz schön blau, gerade wieder die Besprechung.
Christian: Wir wollten doch heute mal ein bisschen mehr Rot hier mal Gas geben,
Christian: mal mutig mal was Neu denken oder so. Jeder weiß sofort, was gemeint ist.
Christian: Das funktioniert sehr gut. Das ist eigentlich nur so eine Farbcodierung für diese beiden Welten.
Christian: Weil nach meiner Erfahrung geht es genau damit los, einfach dieses Bewusstsein zu entwickeln.
Christian: Es gibt diese zwei Welten und die brauchen halt was anderes.
Christian: Weil oft verschwimmt das noch zu sehr. Wir unterscheiden das dann irgendwie
Christian: nicht. Und deswegen scheitern auch diese Transformations, Change,
Christian: Innovations, ja wie auch immer Dinge eben auch meistens.
Stella: Dann lasst uns jetzt mal darauf gucken, wie ich als Führungskraft oder als Teamlead
Stella: einfach schaue, welcher Mitarbeiter, welche Mitarbeiterin quasi in welches Team
Stella: so ein bisschen zuzuordnen ist.
Stella: Fangen wir mal an. Also rot ist ja, wenn ich es jetzt recht im Kopf habe,
Stella: be brave, das heißt der Modus, der eher für Flexibilität, für Innovation steht. Fangen wir damit an.
Stella: Welche Eigenschaften brauchen die Mitarbeitenden, die in dieses rote Team gehören?
Christian: Das sind Personen, die erstmal keine Schwierigkeiten damit haben,
Christian: in einem Kontext der Ungewissheit zu funktionieren.
Christian: Also wenn ihnen nicht alles bekannt ist, wenn nicht alles planbar ist,
Christian: die auch keine Angst haben vor Neuem, vor Ausprobieren, vor Tüfteln,
Christian: vor Experimentieren und sich so ranzutasten.
Christian: Das sind eben eigentlich die Leute und auch hier ist mir ganz wichtig,
Christian: ich will das nicht werten. Also ich sage nicht, Rot ist jetzt wichtiger oder
Christian: cooler, hipper als Blau zum Beispiel.
Christian: Also mir ist ganz wichtig, es ist keine Zweiklassengesellschaft.
Christian: Wir brauchen immer beides in den Unternehmen. Die sind beides auf Augenhöhe
Christian: wertvoll, wichtig fürs Unternehmen. Das ist mir auch nochmal ganz wichtig.
Stella: Das heißt, jemand, der Wert auf den immer gleichen Schreibtisch legt beispielsweise
Stella: und sehr auf Routinen, vielleicht auch klare Strukturen gerne vorgegeben hat,
Stella: der wäre dann eher im Team Blau zu verorten.
Stella: Also beim Bereich Stabilität eher dieses Abarbeitende.
Christian: Genau, klar, man muss mit Schubblein immer aufpassen, aber tendenziell,
Christian: denke ich, würde ich sagen, ja, genau.
Christian: Und das sind ja auch wertvolle Qualitäten, die wir auch nach wie vor brauchen.
Christian: Wenn du sagst, jetzt hast du irgendwas, was man gut planen kann,
Christian: strukturieren kann, das ist so typische Arbeitsweisen des Wasserfallmodells,
Christian: wo du so deine verschiedenen Phasen so schrittweise abarbeitest quasi.
Christian: Das ist auch eine Wahnsinnsqualität und das werden Mitarbeiter,
Christian: die das mögen, die das können, die werden wahrscheinlich eher in der blauen Welt und.
Christian: Ich glaube halt, dass wahrscheinlich ein Stück weit, aber jeder ein Stück weit blau und rot braucht.
Christian: Es wird nie so sein, dass ein Team oder eine Person nur blau oder nur rot braucht, glaube ich.
Christian: Um das mal zu erklären, nehmen wir mal so ein klassisches Beispiel,
Christian: eine Buchhaltung. Da würde jeder erstmal denken, die sind natürlich blau und blau.
Christian: Die haben ihre Standards, da haben die ihr Excel-Sheet oder ihr SAP-Tool,
Christian: Werkzeug, wie auch immer. Und dann tippen die da ihre Werte ein oder so.
Christian: Natürlich ist das routiniert, hoffentlich fehlerfrei.
Christian: Nach Standard, ja. Das wird erstmal eine blaue Tätigkeit sein.
Christian: Aber was ist denn mit KI? Vielleicht kommt da irgendein KI-Werkzeug angeflogen,
Christian: wo es dann heißt, oh du, hier können wir irgendwas viel schlanker gestalten.
Christian: Beschäftige dich damit doch mal, experimentiere da mal, wie das für uns funktioniert.
Christian: Und schon ist der oder diejenige auch ein Stück weit im roten Modus,
Christian: nur um mal so ein Beispiel zu nennen.
Christian: Und genauso, sagen wir mal, du hast jetzt ein Team, was eigentlich rot ist,
Christian: weil das immer ich hier irgendwas, Innovationsteam, ein paar Regeln,
Christian: Prozessschritte werden die
Christian: auch mal befolgen müssen. Ein Stück weit blau werden die auch immer haben.
Christian: Wird es immer auch irgendwie beides geben, behaupte ich mal irgendwo.
Christian: Aber es kann schon sein, dass es Schwerpunkte natürlich gibt.
Christian: Das sehe ich auf jeden Fall so.
Stella: Was ich mich jetzt aber frage, also einerseits ist es so, ich soll schon meine
Stella: Mitarbeitenden in den Teams verorten.
Stella: Gleichzeitig soll ich aber auch nicht zu sehr quasi die Trennung blau-rot machen.
Stella: Also wie ist denn jetzt quasi der Mittelweg, der dann sinnvoll ist,
Stella: um meine Firma und mein Team voranzubringen?
Stella: Mache ich da verschiedene Projektgruppen?
Christian: Genau, also das Wichtigste ist erstmal die eigene Standortbestimmung,
Christian: zu schauen, ich als Führungskraft oder ich als Mitarbeiter in meinem Team,
Christian: was ist eigentlich gerade so die Aufgabe, unsere Ziele und dann zu schauen,
Christian: was ist davon eigentlich eher so, welche Tätigkeit oder was ist da eher so blau
Christian: und was ist eher rot, da erstmal eine Klarheit zu haben.
Christian: Weil vielleicht habe ich ja im Moment gerade nur in den nächsten Monaten blaue
Christian: Themen oder nur rote oder so. Das ist ja auch okay.
Christian: Vielleicht habe ich auch eine Mischung. Ich habe gewisse Themen blau,
Christian: gewisse rot. Das ist der erste Schritt.
Christian: Und dann kann ich mir überlegen, wie in meinem Kontext, das wird immer anders
Christian: sein, kann ich das gestalten.
Christian: Sage ich jetzt zum Beispiel, pass auf, ich stelle jetzt mal zwei Mitarbeitende
Christian: ab, die sich jetzt mal um das rote Projekt kümmern oder sage ich,
Christian: pass auf, wir machen mal einen Sprint, ja, hier, wir ziehen uns mal einen Monat
Christian: raus, geben Vollgas für das rote Ding,
Christian: ja, oder ich sage, ja, du, Sonntag und Freitag, da kümmern wir uns jetzt um
Christian: das rote KI-Thema, ja, und Montag bis Mittwoch müssen wir die Buchhaltung irgendwie im Laufen halten.
Christian: Also da gibt es verschiedene Ausprägungen, da will ich auch nichts vorschreiben,
Christian: weil da funktioniert jedes Team, jeder Kontext, jedes Unternehmen anders.
Christian: Wichtig ist halt, dass ich erstmal weiß, okay, ich habe blau und rot und mir
Christian: Gedanken mache, wie ich das dann gestalte.
Christian: Weil in der Praxis sieht es so aus, wir unterscheiden nicht,
Christian: wir wischen das alle in einen Haufen mit, ja, also wir trennen da gar nicht
Christian: richtig oder wir adressieren das gar nicht so richtig. Das ist eher so das Thema.
Stella: Aber ist es nicht teilweise vielleicht auch gut, gar nicht so zu trennen,
Stella: weil wenn ich mir jetzt, also das ist natürlich jetzt auch sehr Klischee,
Stella: sehr auf Extreme gezogen, aber wenn ich mir jetzt einen sehr kreativen Rotenkopf
Stella: beispielsweise vorstelle,
Stella: hat viele Ideen, hat Lust, Dinge anders zu machen, ist sehr disruptiv unterwegs
Stella: im Unternehmen, aber hat dann vielleicht Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Ideen.
Stella: Also quasi genau dann, wenn es eben ins Konkrete geht, in den Wasserfall oder was auch immer.
Stella: Der bräuchte ja oder die bräuchte ja eigentlich dann in Anführungszeichen jemanden
Stella: aus dem blauen Team, der genau da auffängt.
Stella: Das heißt, eigentlich ist doch das Beste, die Leute zusammen zu haben und nicht getrennt.
Christian: Ja genau, deswegen ist es auch nie ganz getrennt.
Christian: Man hat es ja damals versucht mit so Ausgründungen auch, dass ich sage,
Christian: es gibt so ein Innovation Hub in Berlin, da sitzen die Roten,
Christian: die entwickeln dann irgendwelche verrückten Sachen und dann,
Christian: wenn das fertig ist, dann schmeißen sie es über den Zaun ins Kernunternehmen.
Christian: Das funktioniert nämlich auch nicht. Da gibt es dieses Not invented here,
Christian: wieder englisch, Problem und so weiter.
Christian: Deswegen, wenn du irgendwelche roten Teams oder Projekte hast,
Christian: die sind auch immer Teil des Unternehmens und es gibt auch Kooperationen zwischen
Christian: blau und rot auf jeden Fall,
Christian: weil die roten, das ist ein Vorteil, wenn die auf die Expertise zugreifen von
Christian: dem blau, die haben ja ganz viel Expertise oder es kann auch andere Dinge sein,
Christian: das können bestehender Kundenstamm sein,
Christian: wo man irgendwie darauf zugreift und, und, und, und, und.
Christian: Also auf jeden Fall gibt es dort immer diese Kooperation und man kann sich gegenseitig befruchten.
Christian: Und ja, übrigens du hast einen anderen Punkt erwähnt, die Zeitlichkeit ist,
Christian: Ein rotes Thema wird, wenn es nicht irgendwann mal gekillt wird,
Christian: wird immer zu blau werden irgendwann.
Christian: Logisch, ne? Du hast irgendwas, wo du sagst, ja, Innovation oder irgendwann.
Christian: Und dann wird das ja irgendwann skaliert und wird da hoffentlich dann zu deinem
Christian: Kerngeschäft, wenn es erfolgreich ist.
Christian: Irgendwann wird es immer von rot zu blau gehen. Ja, das ist der normale Verlauf ja auch, ja.
Stella: Und ist es denn so, dass wenn wir jetzt gerade schon über Zeitlichkeit sprechen,
Stella: dass beide Stränge immer parallel laufen und gleichzeitig bedeutend sind oder
Stella: dass es da eher quasi einen Wandel gibt?
Stella: Beispielsweise habe ich vielleicht eine Phase, da habe ich viel Innovation,
Stella: viel neue Projekte und habe eine andere Phase, wo das Ganze eher so ein bisschen
Stella: dann auch mehr eingebunden wird, mehr zur Regelmäßigkeit.
Stella: Da habe ich doch eigentlich eher eine Schwankung zwischen Rot und Blau und nicht
Stella: immer alles in der gleichen Verteilung, oder?
Christian: Vielleicht kommt es auch ein Stück auf die Unternehmensgröße an.
Christian: Also wenn ich ein großes Unternehmen habe, wird das wahrscheinlich immer relativ parallel sein.
Christian: Und du weißt selber, in unseren verrückten Zeiten, wo wir leben,
Christian: wir können jetzt ganz viele Buzzwords nehmen, ob VUCA oder Volatil und exponentieller Fortschritt.
Christian: Und gut, dann kannst du dir jetzt einen Pieper drauf machen.
Christian: Also das können wir alle schon nicht mehr hören, aber die Wahrheit ist …,
Christian: Es ist alles sehr schnelllebig und verrückt und deswegen wird es auch immer
Christian: Rotanteile irgendwo geben in irgendeiner Form und die werden auch eher zunehmen.
Christian: So ehrlich müssen wir sein, ja.
Christian: Jetzt kann ich natürlich sagen, wenn ich wirklich ein kleines Unternehmen bin,
Christian: dass ich sage, ich kann das nicht die ganze Zeit parallel bedienen.
Christian: Wir machen jetzt mal eine Phase, ja, da ist Schwerpunkt immer rot,
Christian: da müssen wir jetzt irgendwas umsetzen, irgendeine Transformation im Unternehmen,
Christian: weil wir gerade umstellen, ja, von Excel-Sheet zu KI-Tools oder weil wir gerade
Christian: ein riesen Innovationsprojekt stemmen, kann das mal auch so phasenweise passieren,
Christian: ne, das kann schon mal sein.
Christian: Aber bei großen Unternehmen wird sich das immer mit verschiedenen roten Themen
Christian: und verschiedenen blauen Themen
Christian: immer irgendwie ein Stück weit so parallel verlaufen, würde ich sagen.
Stella: Klingt dann teilweise aber auch für Führungskräfte und auch für ihre Teams nach
Stella: Dauerbelastung, das immer alles parallel mit zu haben.
Stella: Und das würde ich mir gerne jetzt nochmal genauer anschauen als Führungskraft.
Stella: Wie kann ich denn da vernünftige Impulse setzen, damit ich Menschen auch nicht überfrachte?
Stella: Weil auch jemand, der vielleicht super kreativ ist, hat vielleicht bei viel
Stella: Wandel und auch viel Anforderung, jetzt was Neues zu schaffen,
Stella: ein Brett vorm Kopf oder einfach nur richtig viel Druck. Und dann funktioniert es ja nun mal gar nicht.
Christian: Ist ein guter Punkt. Und wir müssen auch da diese Herausforderungen und Sorgen
Christian: und Ängste ernst nehmen.
Christian: Und ich bin auch nicht jemand, der sagt hier so, tschakka, tschakka,
Christian: jetzt schränkt euch noch an. Das ist alles nicht so schwierig. Nein, nein.
Christian: Ein Thema, was ich habe, ist, ich glaube, wir müssen in dem Blauen ein bisschen
Christian: die Luft rausnehmen, um auch Freiraum fürs Rote zu gewinnen. Was heißt das?
Christian: Darf ich noch ein Buzzword nennen? Aber das ist ein Nichtverbrauchtes.
Christian: Das ist wahrscheinlich ein Neues.
Stella: Dann ist es ja noch kein richtiges Buzzword.
Christian: Nee, stimmt, dann ist es noch kein Buzzword, das stimmt. Exnovation heißt das,
Christian: das ist die bewusste Zurücknahme von Dingen.
Christian: Das heißt, auch mal im Blauen in meinem Tageskerngeschäft mal schauen,
Christian: ganz ehrlich, brauche ich hier jeden Prozessschritt, brauche ich jedes Reporting,
Christian: muss ich hier jede Regel haben, ja, da wirklich mal schauen,
Christian: da ein bisschen die Luft rauslassen und auch Bürokratie, ja,
Christian: gibt es nicht nur im Staat, wo wir ständig von hören in den Medien,
Christian: sondern auch in den Unternehmen, da wirklich mal Luft rauslassen,
Christian: um Freiräume auch fürs Rote zu gewinnen.
Christian: Weil, das höre ich auch immer wieder, auch von Führungskräften,
Christian: die sagen, ja, Christian, alles verstanden. Aber die sagen genau das.
Christian: Wir sind im Tagesgeschäftland unter Druck ohne Ende. Und jetzt darf ich so ein
Christian: bisschen als Hobby nebenbei auch noch ein bisschen roten Modus machen.
Christian: Schönen Dank auch. Genau, und verstehe ich erst mal.
Christian: Aber da ist halt eben genau das Thema, wir müssen im Blauen auch ein bisschen die Luft rauslassen.
Christian: Und ich glaube auch, dass gerade so bei gewachsenen Unternehmen da auch ziemlich
Christian: viel Potenzial ist, wenn man ehrlich ist, ja.
Christian: Und dann halt zu schauen, klar, sagen wir mal jetzt ein rotes Thema wäre jetzt
Christian: vielleicht KI, weil ich da irgendwas etablieren will, lernen will.
Christian: Klar ist das erstmal vielleicht eine zusätzliche Anstrengung,
Christian: aber danach ist es ja vielleicht ein Effizienzgewinn.
Christian: Wenn ich da einmal jetzt vielleicht über den ersten Ding drüber bin,
Christian: ja, dann ist es hoffentlich ein Effizienzgewinn, der mir auch wieder Freiräume
Christian: oder Zeitersparnis bringt. Das ist natürlich dann auch die Hoffnung.
Stella: Was du da aber eben gerade angesprochen hast, auch mit dem Druck rausnehmen,
Stella: jetzt darf ich hier hobbymäßig ein bisschen die roten Aufgaben,
Stella: also die Innovationsthemen bedienen.
Stella: Ganz am Anfang hattest du gesagt, so schätzungsweise so 10 bis 15 Prozent in
Stella: Unternehmen gehören eben eher zu dieser innovativeren Gruppe,
Stella: die Lust auch hat auf Veränderung.
Stella: Das heißt aber im Umkehrschluss, dass 90 oder 85 Prozent ja zum Gegenteil gehören.
Stella: Jetzt sollen die dann auch noch quasi so ein bisschen Druck rausnehmen?
Stella: Ist das nicht, also wie soll denn das funktionieren?
Christian: Ja gut, die anderen 85 oder so Prozent heißt nicht, dass die keine Innovation
Christian: oder keinen Wandel mögen, sondern das sind, davon ist ja so,
Christian: die heißt wieder English, sorry, also early and late majority,
Christian: das sind eigentlich eher die,
Christian: sagen wir mal, wenn die Pioniere die Brücke bauen, ins Neuland oder eine neue
Christian: Brücke und die Pioniere gehen da einmal drüber, dann schauen die sich das genau
Christian: an und sagen, ah okay, die scheinen sicher zu sein, die hält und dann werden
Christian: die auch neugierig interessiert und dann folgen die. Das heißt,
Christian: Die werden vielleicht nicht das Thema initiieren, mit weh in den Faden,
Christian: aber das heißt nicht, dass diese Mitarbeitenden jetzt überhaupt gar nicht Innovation,
Christian: Wandel oder sowas ermögen.
Christian: Und ich möchte auch noch mit so einem, ich glaube, so einem Vorurteil mal brechen
Christian: und da heißt es immer, naja gut, aber die Mitarbeitenden wollen das ja auch alle gar nicht.
Christian: Die wollen ja nicht mehr Verantwortung oder auch nicht irgendwie so viel Wandel und Innovation.
Christian: Ich sehe das ein bisschen anders, weil im Privatleben sind die komischerweise
Christian: dann alle, die haben verrückte Hobbys und dann lernen die da noch irgendwas nebenbei.
Christian: Und dann fangen die an, mit 30, 40, 50 irgendwie Gitarre zu lernen.
Christian: Dann gehen die zur Bank und unterschreiben über 500.000 Euro für ihr Haus irgendwie einen Vertrag.
Christian: Stell dir vor, das machen die ganz alleine, ohne Gremien.
Christian: So, da geht das irgendwie. Und dann kommen die aber zur Arbeit, stempeln ein.
Christian: Und dann ist es wieder so, also die Menschen sind nicht zwangsläufig so.
Christian: Oft ist es auch so ein bisschen abtrainiert, aberzogen oder es war nie so erwünscht.
Christian: Aber diesen Spirit, der steckt in den Leuten, den müssen wir halt wieder freischaufeln.
Christian: Und beim Karneval, da gehen die Leute auch lieber als Pirat oder Piratin und
Christian: nicht als, keine Ahnung, weil
Christian: die Leute eigentlich da auf sowas auch Lust haben, wenn man ehrlich ist.
Christian: Und ich rede nicht klar, ich rede nicht immer mehr, mehr Überforderung,
Christian: Überforderung. das ist ein Thema, weiß ich, muss man auch vorsichtig sein.
Christian: Also auch Achtsamkeit, müssen alle ein bisschen aufpassen. Das meine ich damit nicht.
Christian: Ich meine nur damit, so ein bisschen mal Lust auf was Neues oder auch ein bisschen
Christian: mitzugestalten. Glaube ich schon, dass die Leute da eigentlich auch schon ein
Christian: bisschen Lust drauf haben.
Christian: Also geht nicht für alle natürlich, vorsichtig, aber auch, ich denke schon,
Christian: für die Mehrheit. Das sage ich jetzt einfach mal so ganz frech.
Stella: Du hast gerade gesagt, geht vielleicht nicht für alle, aber für einige.
Stella: Vielleicht auch für einige, die hier zuhören und eben auch gar keine Führungsverantwortung haben.
Stella: Und deshalb auch da nochmal die Frage, Wenn ich jetzt selber merke,
Stella: hey, ich habe da ja total Lust drauf, so innovativ zu sein,
Stella: aber ich habe vielleicht eine Führungskraft, die sagt auch, dass hier Innovation
Stella: sehr wichtig ist, aber hat dann doch das Problem, wenn ich in Meetings sitze
Stella: und Dinge hinterfrage und ganz coole neue Ideen habe, vielleicht auch sogar mit Rückhalt im Team.
Stella: Nee, nee, das ist mir jetzt ein bisschen zu viel. Also vielen Dank für den Vorschlag,
Stella: aber das altbewertet, das funktioniert doch bisher, das müssen wir nicht ändern.
Stella: Also auch da gibt es doch ein Spannungsfeld, nämlich die Führungskraft,
Stella: die zwar sagt, sie hat Lust auf Innovation, dann aber, wenn die Innovation quasi
Stella: um die Ecke guckt, sagt, heute nicht, dann doch lieber das Vertraute.
Stella: Was mache ich in dem Fall als Mitarbeiter oder als Mitarbeiterin?
Christian: Ja, das ist ein Fall, der wahrscheinlich gar nicht so selten vorkommt.
Stella: Das denke ich auch.
Christian: Da gibt es vielleicht verschiedene Wege, was ich tun kann. Auf der einen Seite
Christian: natürlich mal ins Gespräch gehen mit der Führungskraft.
Christian: Das kann auch mal widerspiegeln. Das kann manchmal helfen, vielleicht ist die
Christian: Führungskraft dem gar nicht so bewusst vielleicht.
Christian: Ich glaube, das kann ein sehr wertvoller Schritt sein. Das zweite,
Christian: mal schauen, was ist hinter der Sachebene eigentlich so das Politische oder
Christian: so die Beziehungsebene dahinter.
Christian: Also warum findet ihr das nicht gut? Aus sachlichen Gründen?
Christian: Oder vielleicht, weil die Funkschaft selber Angst hat vor XY oder weil das da
Christian: und da gerade nicht hinpasst.
Christian: Und wenn man dann hinter diese Sachebene, also meist bleiben wir,
Christian: das ist auch so eine deutsche Eigenheit, glaube ich, wir bleiben dann immer
Christian: gerne auf dieser Sachebene hängen, aber meist ist da gar nicht das Problem.
Christian: Deswegen hilft es mir auch so, wie beim Eisberg, mal so unter dem Wasser zu
Christian: schauen, was da eigentlich das Ding ist.
Christian: Und wenn ich das verstehe, kann ich das vielleicht auch nächstes Mal oder anders
Christian: oder im Nachgang nochmal anders handeln.
Christian: Zu sagen, okay, da ist der Hund begraben.
Christian: Wenn ich das aber dann so formuliere oder wenn wir da noch eine Kleinigkeit
Christian: drehen, ist es vielleicht gar nicht mehr so schlimm.
Christian: Und dann kann man sagen, Chef, Chefin, könntest du dir das so vielleicht vorstellen?
Christian: Ja, also da einfach mal ein bisschen nochmal diesen anderen Gang zu hinterlegen.
Christian: Und naja gut, zuletzt der Konsequenz, wenn das dann alles nicht fruchtet,
Christian: auch mehrmals nicht, dann muss man sich vielleicht fragen, bin ich hier vielleicht falsch?
Christian: Ja, das klingt ein bisschen hart, aber vielleicht muss man da einfach mal wechseln.
Christian: Und ich weiß, bei großen Unternehmen gibt es so viele Teams und Bereiche,
Christian: manchmal hilft das ja auch, wenn man auch intern, muss ja nicht gleich kündigen,
Christian: aber vielleicht auch intern, irgendwo vielleicht an eine andere Stelle wechselt,
Christian: kann manchmal auch ganz viel freisetzen.
Christian: Und das würde ich eher tun, weil A, es bringt ja nichts, sind dann beide Seiten
Christian: frustriert dann auf Dauer,
Christian: also die Führungskraft vielleicht wie der Mitarbeitende und noch fast schlimmer
Christian: ist, dass diese Potenziale dann ja auch so verschenkt sind, wenn du so einen
Christian: kreativen Kopf hast zum Beispiel,
Christian: wäre es auch irgendwie schade drum, deswegen, ja.
Stella: Und damit es gar nicht so weit kommt, nochmal auch die zweite Frage dann in dem Bereich an dich.
Stella: Was kann ich vielleicht als jemand, als Führungskraft oder auch als Teammitglied
Stella: machen, was merkt so, man eigentlich, ich habe ja Lust auf Neues,
Stella: aber so eine innere Abwehrhaltung, weil es ist mir nicht vertraut.
Stella: Wie kann ich denn da rangehen, um die ein bisschen abzubauen?
Christian: Bei so wichtigen Entscheidungen stelle ich mir gerne die Frage,
Christian: was würde ich tun, wenn ich keine Angst hätte erstmal.
Christian: Das kann immer schon mal viel öffnen, um zu schauen, was will ich eigentlich
Christian: oder liegt es jetzt an der Sache, ist da wirklich noch etwas dabei,
Christian: wo ich sage, da ist eine begründete Angst da und dann kann ich mich fragen, naja gut,
Christian: fehlt mir noch gerade irgendeine Fähigkeit, Fertigkeit oder noch Wissen,
Christian: um das besser zu beurteilen oder dass ich mir zutraue.
Christian: Oder ist das gar nicht der Fall und es ist wirklich nur in meinem Kopf?
Christian: Und wenn es wirklich nur in meinem Kopf ist, weil ich Angst habe,
Christian: dann vielleicht einfach mal sich vorzuwagen.
Christian: Das kann man so leicht daherreden, aber manchmal muss man es einfach mal machen,
Christian: vom Fünf-Meter-Turm springen und dann merken, oh, ich habe das Schwimmen doch nicht verlernt.
Christian: Und ich glaube, dass das auch eine schöne Erfahrung sein kann,
Christian: wenn man so manchmal Türen öffnet, sich traut und dann merkt,
Christian: ach so schlimm ist es gar nicht und vielleicht auch erste Erfolgserlebnisse
Christian: hat und das kann man dann auch so tragen und befeuern dann irgendwo.
Christian: Ja, ich würde mich freuen, wenn wir alle ein bisschen mutiger werden wieder.
Christian: Wir hatten das ja auch alles mal in Deutschland, die ganzen Gründungsväter,
Christian: ich bin ja bewusst nicht, weil damals waren es leider irgendwie fast immer Männer irgendwo.
Christian: Die waren ja auch immer so Tüftler, Pioniere, Visionäre, ja.
Christian: Und das haben wir ein Stück weit verlernt und da müssen wir wieder hin.
Christian: Wir müssen dann wieder ein bisschen mit mehr Pioniergeist da dran.
Christian: Und deswegen habe ich auch dieses Buch geschrieben, ja, Be Brave,
Christian: ist auch gerade erst rausgekommen, wo ich das darlege, wo ganz viele Tipps und
Christian: Hintergründe und Beispiele, Anekdoten drin sind, wie man eben diesen Be Brave-Modus,
Christian: ja, für sich selbst, aber auch fürs Team oder als Führungskraft irgendwie wieder entfesselt.
Christian: Ja, das ist auch so ein bisschen meine Mission auch dahinter.
Stella: Ja, und wir kommen jetzt so langsam zum Ende dieses Podcasts,
Stella: aber es ist genau nochmal, wo wir zum Abschluss ja auch sprechen wollten,
Stella: nämlich das Thema Mut, was du adressiert hast.
Stella: Und da würde ich dich doch gerne mal fragen, sag mal, das, was wir eigentlich
Stella: gerade in Deutschland sehen, dass wir beim Thema Transformation einfach nicht in die Pötte kommen.
Stella: Da ist nämlich, obwohl auf vielen Bühnen in Deutschland, glaube ich,
Stella: schon gesagt wurde, ja, einfach mal machen, einfach mal ran da.
Stella: Ja, in der Realität sieht es dann anders aus. Fehlt uns da aus deiner Sicht
Stella: einfach der Mut? Ist es quasi etwas so Leichtes, was wir einfach durch Überwindung
Stella: ja auch schaffen können oder hängt da noch mehr dran?
Christian: Ich glaube tatsächlich, dass es in erster Linie der Mut ist,
Christian: weil Ideen haben wir genug.
Christian: Wir haben immer noch in Deutschland eine hervorragende Forschung,
Christian: so Max Planck und Fraunhofer. Also da entstehen richtig gute Dinge.
Christian: Nur wenn es dann in die Implementierung geht, so in die ersten Umsetzungen,
Christian: in die Prototypen, dann steigen wir wieder aus, weil wir da Angst haben,
Christian: dass es ja am Anfang nicht gleich perfekt ist, dass wir Fehler machen,
Christian: dass wir uns das Gesicht verlieren.
Christian: Da haben andere Länder, so wie China, USA, irgendwie weniger Angst vor.
Christian: Die machen das konsequenter und deswegen überholen die uns auch immer mehr.
Christian: Ein Beispiel zu den MP3 haben wir in Deutschland entwickelt, Fraunhofer-Institut.
Christian: Apple Music, iTunes, damals iPod, wäre alles gar nicht denkbar gewesen ohne MP3.
Christian: Wir haben es irgendwie entwickelt und dann wieder so, ach, jetzt können andere
Christian: da dran. Lass andere mal das Geschäftsmodell entwickeln und monetarisieren.
Christian: Und das ist bei vielen Dingen so. und da müssen wir diesen Pioniergeist,
Christian: diesen Wagemut, ja, müssen wir wieder entfachen, glaube ich,
Christian: weil sonst würde es auch nicht funktionieren, denke ich.
Stella: Und damit wir jetzt nicht quasi so negativ in diesem Podcast enden,
Stella: das mag ich nämlich immer gar nicht, ich bin überhaupt nicht positiv für die
Stella: Zukunft, zum Abschluss diese Frage an dich.
Stella: Nenn uns doch mal drei Tipps, so aus dem Stehgreif, ich meine,
Stella: du hast ein ganzes Buch darüber verfasst, So deine Top 3, damit man eben in
Stella: diesen Be Brave, in diesen mutigen Innovationsmodus reinkommt.
Stella: Egal ob Führungskraft oder Mitarbeiterinnen, Mitarbeiter.
Christian: Genau, traut euch doch mal ganz grundlegende, naive Fragen zu stellen.
Christian: Und wenn sich alle schnell einer Meinung sind, auch mal vielleicht bewusst eine
Christian: Gegenposition einzunehmen.
Christian: Das ist eine ganz einfache Maßnahme, die aber eine riesen Wirkung hat.
Christian: Dann war ich, hatte ich neulich eine Keynote bei einem großen Konzern,
Christian: da war der Managing Director so angefixt von meinen Piratenideen,
Christian: kann ich jetzt, haben wir nicht die Zeit zu, das auszuführen.
Christian: Der fragt von seinen Führungskräften neben den konventionellen Zielen jetzt
Christian: jeweils immer ein Piratenziel ab.
Christian: Fand ich auch irgendwie eine witzige Idee, ja, um da einfach mal so einen Aufbruch zu generieren.
Christian: Und dann würde ich jenem Unternehmen mal, macht mal irgendwas bewusst komplett anders, so als Bruch.
Christian: Stell dir mal vor, wir machen jetzt mal ein Quartal PowerPoint-Verbot.
Christian: Oder wir machen jetzt mal, keine Ahnung, wie gesagt, so einen Tag Meeting besprechungsfrei.
Christian: Oder also irgendwie mal bewusst mal so einen Bruch, der irgendwie auch mal was
Christian: verändert, aber auch irgendwie allen signalisiert, wir machen es ernst.
Christian: Und wir machen jetzt tatsächlich mal irgendwas spürbar auch mal anders.
Christian: Das wären so drei Quick Wins.
Stella: Da muss ich jetzt aber sagen, es tut mir leid, die Piratenideen,
Stella: so lasse ich dich nicht aus dieser Podcast-Folge, da brauche ich noch eine kurze
Stella: Erklärung, was das ist und wie das alle, die da draußen zuhören, für sich nutzen können.
Christian: Ich gebe dir ein ganz konkretes Beispiel, der, ich glaube, das Ehemalige mittlerweile,
Christian: Markus Haas, der CEO von Telefonica, der meinte, es dauert in Deutschland ungefähr
Christian: 200 oder durchschnittlich 280 Tage, um Mobilfunkmasken zu genehmigen.
Christian: Das bremst die Digitalisierung aus, aber 99,5 Prozent werden eh genehmigt.
Christian: So, jetzt kam er mit der Piraten-Idee, wir bauen einfach alle hin ohne Genehmigung
Christian: und dann entfernen wir halt wieder einfach jeden tausendsten Masken.
Christian: Das ist ein Business Case dahinter. Sparen wir eine Menge Zeit.
Christian: Das ist für mich so eine Piratenidee, wo ich sage, das ist nicht illegal,
Christian: weil das darf niemand machen, bitte.
Christian: Ich rufe hier nicht zur Anarchie auf, zur Illegalität, kann sich keiner lassen.
Christian: Aber wo kann man mal so eine Regel ein bisschen biegen und ein bisschen frech sein?
Christian: Oder ein anderes, letztes Beispiel noch. Als Tesla die Gigafactory in Berlin
Christian: gebaut hat, die haben das, um Zeit zu sparen, haben die das auch ohne Baugenehmigung,
Christian: haben die einfach angefangen. Das ist auch nicht illegal, ist nur sehr risikobehaftet.
Christian: Wenn du die Baugenehmigung nicht erhältst, musst du es halt wieder zurückbauen.
Christian: Würde man in Deutschland so normalerweise wahrscheinlich nicht machen.
Christian: Aber das sind so Piratenziele oder Piratenansätze, wo ich so ein bisschen Grenzen so ein bisschen dehne.
Christian: Und das kann man ja auch nutzen, um da wieder ein bisschen mehr Mut und Schwung reinzubringen.
Stella: Dann würde ich doch sagen, mit diesen Piratenideen schließen wir ab.
Stella: Ich habe natürlich noch drei weitere Fragen im Kopf, aber das schaffen wir heute
Stella: wirklich nicht. Deshalb danke ich dir an dieser Stelle, Christian,
Stella: dass du bei t3n Interview zu Gast gewesen bist.
Christian: Danke dir.
Stella: Und dann würde ich sagen, ich freue mich einfach, wenn ihr nächste Woche wieder
Stella: einschaltet zu einer neuen Folge von t3n Interview und sage, auf Wiederhören.
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